Grabbesuch bei Mazlum und Delil Doğan

An diesem Freitag wird in Dep der Auftakt der diesjährigen Newroz-Feierlichkeiten in Nordkurdistan begangen. Im Vorfeld wurde die Grabstätte von Mazlum und Delil Doğan besucht. Die Brüder waren Mitbegründer der PKK und wurden in der Stadt geboren.

Newroz und Widerstand

An diesem Freitag wird in Dep (tr. Karakoçan) in der Provinz Xarpêt (Elazığ) der Auftakt der diesjährigen Newroz-Feierlichkeiten in Nordkurdistan begangen. Im Vorfeld wurde die Grabstätte von Mazlum und Delil Doğan besucht. Die Brüder waren Mitbegründer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und wurden in den fünfziger Jahren in Xarpêt geboren, stammten ursprünglich jedoch aus Dersim.

Der jüngere der beiden, Delil Doğan, kam 1980 bei Auseinandersetzungen mit türkischen Militärs ums Leben. Im selben Jahr putsche sich das Militär an die Macht. Es folgte ein Sturm der Unterdrückung und Verfolgung, tausende kurdische und türkische Revolutionäre wurden unter dem Vorwand, „das Wohl und die Unteilbarkeit des Landes wiederherzustellen“, verhaftet, viele verloren ihre Strukturen. Unter diesen Gefangenen waren Gründungsmitglieder der PKK, einer von ihnen war Mazlum Doğan. Er war im Gefängnis von Diyarbakır inhaftiert, das als „Hölle von Amed“ bekannt werden sollte.

Die Gefangenen im Zindana Amedê, wie das Militärgefängnis im Kriegsrecht auf Kurdisch genannt wurde, wurden Zeugen und Opfer besonders barbarischer und erbarmungsloser Abläufe an Gewalt, Torturen, Misshandlungen und Erniedrigungen: mit sexualisierter Gewalt, Vergewaltigung, Psychoterror, Prügeln und Elektroschocks, bei denen spezielle Elektroden an den Genitalien befestigt wurden, dem Baden in Fäkalien, Schlaf-, Nahrungs- und Wasserentzug für lange Zeiträume, Übungen unter extremen Temperaturen, dem Quetschen, Abpressen und Strecken von Körperteilen und Genitalien, Verbrennen mit Zigaretten und Herausreißen von Haaren, Nägeln und Zähnen sowie dem Zwang, Hundeexkremente zu essen, versuchte der Staat sie systematisch ihrer kurdischen Ideologie und Gesinnung zu entwurzeln, ihren unermesslichen Kampf um die Bewahrung ihrer ethnischen Identität zu zerschlagen und sie mit zwangsassimilierenden Maßnahmen wie dem Verbot ihrer Sprache nach türkischem Nationalbild zu formen. Alle Überzeugungen von den Idealen, Träumen und Utopien der Gefangenen sollten gebrochen werden.

Die Reaktion der Gefangenen darauf waren Hungerstreiks. Sie protestierten damit auch gegen die „Einheitskleidung“ in Gefängnissen, die vom Putsch-Architekten Kenan Evren eingeführt worden war. Einige der Insassen in Amed gaben auf, andere widersetzten sich weiterhin der Folter und Unterwerfung. Mazlum Doğan war einer von ihnen. An Newroz 1982 entzündete er drei Streichhölzer, legte sie auf den Tisch in seiner Zelle und nahm sich das Leben. Er hinterließ die Nachricht: „Aufgeben ist Verrat, der Widerstand bringt den Sieg”. Weitere Gefangene folgten ihm, andere initiierten aus den andauernden Hungerstreiks ein Todesfasten. Ihr Widerstand zog außerhalb der Gefängnismauern große Unterstützung nach sich und löste die endgültige Entscheidung der PKK aus, am 15. August 1984 den bewaffneten Kampf gegen den Staat aufzunehmen.

„Das von Mazlum Doğan entzündete Feuer ist heute zu einer Fackel der Freiheit geworden“, sagte Keskin Bayındır, der Ko-Vorsitzende der DBP, bei dem Besuch in Goman, einem Dorf in Dersim, wo die Brüder begraben liegen. Deshalb werde das diesjährige Newroz-Feuer auch in Dep zu brennen beginnen. Die Stadt stehe symbolhaft für ihre Heldinnen und Helden, die sie hervorgebracht habe, und Kurdistan für den Widerstand gegen die Unterdrückung eines ganzen Volkes organisierten. „Ihnen und ihrem Gefährten Abdullah Öcalan, den wir als Repräsentanten des kurdischen Volkes betrachten, widmen wir in diesem Jahr unser Fest. Wir begehen Newroz im Andenken an den Befreiungskampf, den Menschen wie Öcalan und seine Freund:innen für das kurdische Volk austrugen und auch weiterhin austragen.“ Nach den Worten Bayındırs wurden rote Nelken an der Grabstätte von Mazlum und Delil Doğan niedergelegt. Anschließend machte sich die Delegation auf den Weg zurück nach Dep.