Die Mitglieder der „Internationalen Delegation für Frieden und Freiheit in Kurdistan“, die es trotz der Behinderung durch deutsche und südkurdische Behörden nach Hewlêr (Erbil) geschafft haben, haben eine Erklärung zu ihrer Motivation, ihren Zielen und ihrem bisherigen Aufenthalt abgegeben und ihre Forderungen formuliert:
Wir sind eine Delegation aus ganz Europa, die mit dem Ziel nach Kurdistan gekommen ist, sich für Frieden und Freiheit in der Region einzusetzen. Als Politiker:innen, Akademiker:innen, Menschenrechtsaktivist:innen, Syndikalist:innen, Journalist:innen, Feminist:innen und Ökolog:innen aus über zehn Ländern wollen wir uns einen direkten Eindruck von der Situation vor Ort verschaffen und uns für ein Ende des Krieges und der Zerstörung einsetzen. Wir hatten geplant, mit 150 Personen anzureisen, um in einen Austausch mit Abgeordneten aller parlamentarischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen und der Gesellschaft zu gehen und damit zu einem Dialog zwischen den verschiedenen kurdischen Akteur:innen beizutragen.
Die völkerrechtswidrige Invasion des türkischen Militärs ist ohne Zweifel inakzeptabel. Wir sind zusätzlich traurige Zeug:innen davon, dass die internationale Staatengemeinschaft dagegen untätig bleibt und nicht auf die Einhaltung des Völkerrechts und der Menschenrechte pocht.
„Mindestens vierzig Personen aus Südkurdistan abgeschoben“
Die Kurdische Regionalregierung hat die Delegation in den meisten Fällen daran gehindert, mit den politischen Akteur:innen in Südkurdistan in Dialog zu treten. Organisationen, die wir besuchen wollten, wurden eingeschüchtert, sodass sie von den geplanten Treffen zurückgetreten sind. Ein großer Teil der Delegation konnte nicht in Kurdistan ankommen. Mindestens 40 Personen wurden bereits abgeschoben oder stehen kurz vor der Abschiebung. Weitere 27 Personen wurden am Düsseldorfer Flughafen in Deutschland festgehalten und viele von ihnen an der Ausreise gehindert.
Wir sind empört über die von der Kurdischen Regionalregierung durchgeführten Abschiebungen und über die Ausreiseverbote aus Deutschland, welche mit der Begründung ausgesprochen wurden, diese Menschen seien „politisch in Erscheinung getreten". Es fehlt eine rechtliche Grundlage für diese politischen Maßnahmen. Freie Medienberichterstattung und zivilgesellschaftliches Engagement sind Bestandteile jeder lebendigen Demokratie und sollten nicht kriminalisiert werden.
„Die Gastfreundschaft motiviert uns“
Um den Frieden zu unterstützen, haben wir keine Mühen gescheut und sind in Südkurdistan empfangen worden. Uns wurden bislang Ausflüge zu kulturellen, religiösen und historischen Stätten ermöglicht und wir wurden zu einem Gespräch mit dem Baba Șêx, dem höchsten religiösen Vertreter der ezidischen Gemeinschaft, eingeladen. Im ezidischen Flüchtlingslager Șarya, in dem es vor einer Woche einen großen Brand gab, sprachen wir mit den Menschen, die von Krieg, Vertreibung und Zerstörung besonders betroffen sind. Die Gastfreundschaft und Offenheit, die wir von den hier lebenden Menschen erfahren haben, erwärmt unsere Herzen und motiviert uns umso mehr, an unserem Ziel festzuhalten. Wir sind hier, um uns mit dem kurdischen Volk und mit allen ethnischen und religiösen Gruppen Kurdistans zu solidarisieren.
„Wir repräsentieren keine bestimmte Partei“
Wir sind Internationalist:innen und repräsentieren keine kurdischen Parteien und keine bestimmte politische Bewegung. Wir stellen uns gegen die Kolonisierung Kurdistans durch externe Staaten. Wir sind nicht hier, um uns gegen irgendeine kurdische Partei zu stellen. Wir wollen im Gegenteil den Dialog zwischen den verschiedenen Akteur:innen fördern. Es handelt sich nicht um ein kurdisches Problem, sondern um eine Aggression, die vom türkischen Staat und dem türkischen Militär ausgeht und sich gegen die Bevölkerung und die Natur der kurdischen Gebiete richtet. Hieraus ein Problem, sogar eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Kurd:innen zu erzeugen, ist eine große Falle sowie eine Gefahr für den Frieden und die Zukunft des gesamten Nahen und Mittleren Ostens. Es ist unser dringendes Anliegen, alle Kurd:innen hiervor zu warnen und dazu aufzurufen, den Dialog weiterzuführen. Es muss eine politische Lösung gefunden werden und sich gemeinsam gegen die äußere Bedrohung gestellt werden. Deshalb sind unsere Forderungen:
1. Alle, die sich der Delegation anschließen möchten und an den Flughäfen abgewiesen oder abgeschoben wurden, sollen freigelassen werden, um sich der Delegation anzuschließen zu können.
2. Alle kurdischen politischen Akteur:innen sollen zum Dialog miteinander zurückkehren.
3. Alle internationalen humanitären Organisationen und politischen Institutionen sollten eine friedliche Lösung unterstützen. Das türkische Militär muss sich sofort aus der gesamten Region zurückziehen.
Die Kurd:innen haben die Berge, aber heute haben sie auch Freund:innen. Alle Freund:innen der Kurd:innen sind dazu aufgerufen, sich zu erheben, die Botschaft zu verbreiten und ihren eigenen Beitrag zum Friedensprozess zu leisten.