Ekin Amanos und Herekol Şiyar bei Angriffen in Gabar gefallen

Die Guerillakämpfer:innen Ekin Amanos und Herekol Şiyar sind bei Angriffen im Zuge einer türkischen Militäroperation in der Gabar-Region gefallen. Die HPG würdigen ihren Widerstand und sprechen der kurdischen Bevölkerung ihr Mitgefühl aus.

Militäroperation in Şirnex

Die Guerillakämpfer:innen Ekin Amanos und Herekol Şiyar sind bei Angriffen im Zuge einer türkischen Militäroperation am vergangenen Samstag in der Gabar-Region in Şirnex (tr. Şırnak) ums Leben gekommen. Das gaben die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Dienstag in Behdînan bekannt und sprachen den Angehörigen der Gefallenen und dem kurdischen Volk ihr Beileid aus. In einer von ihrem Medien- und Kommunikationszentrum veröffentlichten Erklärung teilten die HPG mit:

„Im letzten Monat sind in der Gabar-Region, einschließlich in Mawa, Hezex und Kerboran, kontinuierlich feindliche Operationen umgesetzt worden. Unsere dortigen Freundinnen und Freunde standen tausenden Soldaten, Dorfschützern und Kontras sowie dem gesamten Spektrum an Kriegstechnik gegenüber, die von der türkischen Besatzungsarmee sowohl aus der Luft als auch am Boden eingesetzt wird. Trotz dessen haben unsere Genossinnen und Weggefährten, die in Bakurê Kurdistanê im Sinne von Fedaitî Widerstand leisten, den Angriffen standgehalten. Sie vereitelten zahlreiche Angriffe und Operationen und formten Feindkontakte zu Lektionen, die den Angreifern unvergessen bleiben werden.

Hevalê Herekol und Hevala Ekin, die Schulter an Schulter mit Şervan, Axîn und Bêrîtan kämpften, dem Feind viele Schläge zufügten und den um sie gezogenen Kessel immer wieder durchbrachen, schlossen sich am 13. Juli infolge schwerer Bombardements des Feindes der Karawane der Gefallenen an. Der Tod dieser beiden Militanten verdeutlicht einmal mehr, wofür die türkische Besatzerarmee steht: Für Feigheit und Willensschwäche.“ Zu den persönlichen Daten der Gefallenen machten die HPG folgende Angaben:

                                      

Codename: Herekol Şiyar

Vor- und Nachname: Taner Öğmen

Geburtsort: Colemêrg

Namen von Mutter und Vater: Zübeyde – Abdurrahman

Todestag und -ort: 13. Juli 2024 / Gabar

 

 

Codename: Ekin Amanos

Vor- und Nachname: Çinar Ahmed

Geburtsort: Qamişlo

Namen von Mutter und Vater: Saliha – Said

Todestag und -ort: 13. Juli 2024 / Gabar

 

Herekol Şiyar

Herekol Şiyar wurde in Gever (tr. Yüksekova) in der Provinz Colemêrg (Hakkari) als Sohn einer in Kurdistan verwurzelten und dem Befreiungskampf verbundenen Familie geboren. Als er neun Jahre alt war, migrierten sie in den Westen der Türkei. Die Familie ließ sich in Istanbul nieder, um sich der in den kurdischen Provinzen des Landes seit jeher gültigen Unterdrückung des türkischen Staates zu entziehen. Als junger Heranwachsender stellte er allerdings fest, dass es jenseits der Heimat und inmitten des kapitalistischen Systems schwierig sei, an der eigenen Identität und Realität festzuhalten. Deshalb zog er zurück nach Gever. 2010 schloss er sich dort der Guerilla an.


Nach einer Weile in den Medya-Verteidigungsgebieten, wo er eine militärische und ideologische Grundausbildung erhielt, ging Herekol Şiyar nach Botan. Die Region galt damals als Zentrum des „revolutionären Volkskriegs“. Als die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) 2014 weite Teile Syriens und Iraks überrannte und auch in Teilen Kurdistans eine Schreckensherrschaft installierte beziehungsweise dies versuchte, wechselte er an die Fronten gegen den islamistischen Terror. Zweimal wurde er teils schwer verletzt, setzte seinen Einsatz jedoch unbeirrt fort. Anschließend wechselte er wieder nach Nordkurdistan, wo er sich in Amed (Diyarbakır) am Widerstand für Selbstverwaltung beteiligte. Bei einem kurzen Aufenthalt in Istanbul wurde er verhaftet und verbrachte sieben Monate in einem Gefängnis. Nach seiner Entlassung kehrte er zurück in die Medya-Verteidigungsgebiete und wechselte bald darauf in die Gabar-Region, wo er Mitglied der Regionalkommandantur der Guerilla war. Die HPG würdigen Herekol Şiyar mit den Worten:


„Hevalê Herekol, dessen zwei Brüder ebenfalls in den Reihen der Guerilla kämpften, war ein temperamentvoller, fast schon hyperaktiver, mutiger Freund mit einem Herzen voller Liebe zu seinem Volk und seiner Heimat, der eine tiefe Verbundenheit zu den Gefallenen empfand. Er war ein großer Revolutionär, für den selbst reißende Flüsse kein Hindernis waren, so etwas wie Furcht kannte er nicht. Herekol Şiyar war ein Kämpfer, der zu hundert Prozent mit der Ideologie des Apoismus verschmolzen war. Er wusste, dass es seine Pflicht war, überall dort zu sein, wo es Angriffe auf unser Volk gab. Die Erinnerung an diesen richtungsweisenden Kommandanten wird stets lebendig gehalten werden und als Zeichen der Verbundenheit dienen, über die Grenzen des Lebens hinaus.“


Ekin Amanos

Ekin Amanos wurde im nordostsyrischen Qamişlo geboren. Ihre der kurdischen Sache verbundenen Eltern stammen ursprünglich aus Bakur und waren nach Rojava aufgrund der Verfolgung des türkischen Staates geflohen. Die Erfahrungen der Unterdrückung ihrer Familie in der „alten“ Heimat prägten ihr Leben ebenso wie die Repression und antikurdische Mentalität des syrischen Regimes.


Mit dem Aufkommen der Revolution von Rojava im Jahr 2012 entschloss sich Ekin Amanos, sich dieser anzuschließen. Damit entschied sie sich bewusst gegen ein Studium, dessen Zulassung sie damals kurz zuvor erhalten hatte. Sie begriff diese Phase des Aufbruchs als Weg zu einem militanten Leben, der sich ihr als eine politische Frau auf der Suche nach ihrem eigenen Ideal eröffnete. So verteidigte sie die Revolution nicht nur im ideellen Bereich, sondern auch im praktischen. Sie kämpfte in Serêkaniyê gegen Al-Nusra und in Til Hemîs gegen den IS. Mit dieser Erfahrung im Gepäck schloss sie sich der Guerilla an. Ihr Ziel war es, die Revolution Kurdistans als Ganzes zu verteidigen.


Nach ihrer Ankunft in den Bergen ging Ekin Amanos zu den Verbänden freier Frauen (YJA Star), der autonomen Frauenguerilla der PKK. Sie war zunächst in den Medya-Verteidigungsgebieten im Einsatz, wo sie sich in nahezu allen Regionen aufhielt. Auf eigenen Wunsch hin wurde sie später nach Nordkurdistan versetzt. Die HPG beschreiben sie als eine Revolutionärin, „die sich dem Kampf mit dem Ideal anschloss, ein Leuchtfeuer in der Hoffnung des kurdischen Volkes und aller Frauen auf Freiheit zu sein“.


„Hevala Ekin war eine jener Schöpferinnen des Bewusstseins für eine freie Zukunft. Sie war eine leidenschaftliche Guerillera und Repräsentantin der Militanz der PAJK und YJA Star, die selbstlos und mit großer Liebe für die Freiheit kämpfte. Unsere Verbundenheit gilt dem Weg, den sie ging, und den alle anderen unserer Gefallenen vor ihr gingen.“