Van Aken fordert Anerkennung der Selbstverwaltung

Der Ko-Vorsitzende der Linken fordert mit Blick auf die Dschihadisten-Offensiven in Nordsyrien einen Kurswechsel in der deutschen Außenpolitik. Berlin solle Rojava anerkennen und „Terrorsponsor“ Erdoğan nicht länger mit Waffen beliefern.

Kritik an deutscher Außenpolitik

Der Ko-Vorsitzende der Partei Die Linke, Jan van Aken, kritisiert mit Blick auf die Dschihadisten-Offensiven in Nordsyrien die deutsche Außen- und Flüchtlingspolitik. „Die erneute Eskalation in Syrien zeigt das Scheitern einer deutschen Außenpolitik, die vor allem im Zeichen der Abschottung Europas steht“, sagte der Hamburger Politiker der „Rheinischen Post“. Es mache deutlich, „wie absurd und zynisch die Forderungen von Kanzler Scholz und anderen sind, wieder nach Syrien abzuschieben – und wie fatal die deutsche Unterstützung für Erdogan ist, nur damit der die EU weiter gegen Geflüchtete abschottet“.

Hinsichtlich Syriens Regimechef Baschar al-Assad und den Besatzungsfeldzügen von Islamisten in Aleppo und Şehba erklärte van Aken: „Nun bricht das brutale Assad Regime teilweise zusammen während von der Türkei aufgerüstete und angeleitete Dschihadisten zu einer Großoffensive übergehen. Tausende Menschen sind bereits auf der Flucht. Es droht ein massives Wiedererstarken des islamistischen Terrors und eine große humanitäre Katastrophe. Das gefährdet auch unsere Sicherheit in Europa.“

Die derzeitige Lage in Syrien mache eine Kurskorrektur in Berlin erforderlich, so van Aken weiter. Die Bundesregierung habe wesentlichen Einfluss vor Ort. „Statt weiter den Terrorsponsor Erdogan mit Waffen zu beliefern, die mitunter direkt an die Dschihadisten weitergegeben werden, müssen wir jetzt die Kräfte in Syrien stärken, die für Stabilität und Demokratie stehen.“

Auch in der Pressekonferenz der Linken am gestrigen Montag forderte van Aken einen Stopp der Waffenexporte an die Türkei © Die Linke

Er ergänzte: „Die Bundesregierung sollte ein Waffenembargo gegen Erdogans Regime verhängen und die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung hierzulande beenden.“ Van Aken forderte auch Unterstützung für die Demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien (AANES) durch Annalena Baerbock (Grüne). Die deutsche Außenministerin solle sich für eine „diplomatische Anerkennung“ der Autonomieverwaltung einsetzen.

Dschihadisten-Offensiven auf Aleppo und Şehba

Die Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) hatte am Mittwoch einen Überraschungsangriff auf Aleppo begonnen und die Millionenmetropole binnen weniger Tage fast vollständig überrannt. Die syrische Armee und ihre iranischen und russischen Verbündeten zogen sich kampflos zurück und überließen den Dschihadisten ihre Waffensysteme, Stützpunkte und Militärflughäfen. Parallel dazu startete ein weiterer Islamistenverband – die von der Türkei finanzierte, ausgerüstete und kontrollierte „Syrische Nationalarmee“ (SNA) eine eigene Offensive auf die nördlich von Aleppo gelegene Şehba-Region, in deren Zentrum Tel Rifat (Tall Rifaat) liegt. Um Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern, hat sich der Volksrat Efrîn-Şehba zur Räumung der Region entschieden. Rund 200.000 Menschen werden durch einen von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) eingerichteten Fluchtkorridor in andere Gebiete der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien transportiert - eine ganze Region verliert ihre kurdische Identität. 

Foto: Jan van Aken am Montagabend auf einer Solidaritätsdemonstration in Berlin für Rojava © privat / x.com