Namen gefallener Guerillakämpferinnen veröffentlicht

Die Guerillakämpferinnen Eylem Stêrk, Sozdar Evîn und Armanç Devrim sind bei Militäroperationen der türkischen Armee in Nordkurdistan ums Leben gekommen. Die HPG haben einen Nachruf auf die Gefallenen veröffentlicht.

Militante der Verbände freier Frauen

Das Pressezentrum der Volksverteidigungskräfte (HPG) hat die Namen von drei in Nordkurdistan gefallenen Guerillakämpferinnen bekannt gegeben. Eylem Stêrk und Sozdar Evîn kamen Ende Juli bei einer Militäroperation der türkischen Armee im Gebiet Elkê in Botan ums Leben, Armanç Devrim am 12. August im Gebiet Kato Marînos in Wan. Die HPG würdigten die drei Frauen als entschlossene Freiheitskämpferinnen Kurdistans und sprachen ihren Familien und dem kurdischen Volk ihr Mitgefühl aus. Aus dem Nachruf der HPG gehen folgende Angaben hervor:
 

Codename: Eylem Stêrk
Vor- und Nachname: Meryem Önür
Geburtsort: Şirnex
Namen von Mutter und Vater: Kadriye – Ahmet
Todestag und -ort: 30.-31. Juli 2024 / Botan

 

Codename: Sozdar Evîn
Vor- und Nachname: Betül Aydın
Geburtsort: Çewlîk
Namen von Mutter und Vater: Valide – Nusrettin
Todestag und -ort: 30.-31. Juli 2024 / Botan

 

Codename: Armanç Devrim
Vor- und Nachname: Hacer Tekin
Geburtsort: Colemêrg
Namen von Mutter und Vater: Asya – Hacı
Todestag und -ort: 12. August 2024 / Wan

 

Eylem Stêrk


Eylem Stêrk ist in einer Nomadenfamilie vom Stamm der Didêrî in Şirnex-Hezex zur Welt gekommen. Sie ging nur kurze Zeit zur Schule und wuchs relativ unberührt von Einflüssen des türkischen Staates auf. Ihre Familie zog im Sommer mit ihren Tieren über die Hochalmen und lebte nur im Winter im Dorf. Eylem traf als Kind zum ersten Mal Guerillakämpfer:innen und war von ihnen beeindruckt. Als Heranwachsende begann sie, die traditionelle Frauenrolle in der Gesellschaft zu hinterfragen. Ihr wurde klar, dass Mädchen von Anfang an darauf vorbereitet werden, Männern gute Ehefrauen zu sein. Mit diesem vermeintlichen Schicksal wollte sie sich nicht abfinden. Die einzig mögliche Alternative war die Guerilla, der sie sich 2014 in Botan anschloss. Für eine Grundausbildung kam sie in die Medya-Verteidigungsgebiete. Da ihr das Leben in den Bergen nicht fremd war, gewöhnte sie sich schnell ein. Sie bildete sich militärisch und ideologisch weiter und kämpfte ab 2015 in verschiedenen Gebieten als Militante der Verbände freier Frauen (YJA Star) gegen den sogenannten „Islamischen Staat“. Dabei gewann sie große Kampferfahrung. Zur Vorbereitung auf einen Einsatz in Bakur (Nordkurdistan) nahm sie an Lehrgängen für den Guerillakampf der demokratischen Moderne teil. Sie setzte sich mit ihrer bisherigen Praxis und ihrer eigenen Persönlichkeit auseinander und beschäftigte sich intensiv mit der Frauenbefreiungsideologie. Danach kämpfte sie lange Zeit in verschiedenen Gebieten im Norden Kurdistans.

Sozdar Evîn


Sozdar Evîn ist in Çewlîk geboren und in einem vom türkischen Staat assimilierten Umfeld aufgewachsen. Unter dem Einfluss unwahrer Behauptungen über die PKK durch nahe Verwandte war sie als Heranwachsende im Jugendverband einer türkischen Partei aktiv. Trotzdem hatte sie auch Kontakt zu revolutionären Kreisen und war befreundet mit Sema (Zîlan Azak) und Seran (Berfîn Bezencir), die später im Freiheitskampf ums Leben kamen. Dadurch stellte Eylem die ihr in jungen Jahren eingeimpften Vorurteile über die kurdische Befreiungsbewegung in Frage. Für ein Studium zogen Sema, Seran und Eylem nach Bedlîs. 2015 traf Eylem in Garzan zum ersten Mal Guerillakämpfer:innen. Nach dieser Begegnung zerfielen ihre Vorurteile. Sie hatte mehrfach die Gelegenheit, mit Kämpfer:innen zu diskutieren und ihre Lebensweise zu beobachten. Der erneute Beginn des türkischen Vernichtungsfeldzugs in Kurdistan im Sommer 2015 war ein Wendepunkt in ihrem Leben. Vor allem die systematische Zerstörung von Guerillagräbern durch das türkische Militär beeinflusste ihre Entscheidung, ihr Studium aufzugeben und Freiheitskämpferin in den Bergen zu werden. Nach einem ersten Aufenthalt in den Bergen von Garzan kam sie nach Kato Marînos in eine Einheit der später gefallenen Kommandantin Azê Malazgirt (Aslı Özkaya), die ihr die Grundlagen des Guerillalebens beibrachte. Eylems Anschluss an die Guerilla war eine emotionale Entscheidung gewesen, in der Diskussion mit Kommandantin Azê und weiteren Kämpferinnen über die Frage der Frauenbefreiung und die Philosophie von Abdullah Öcalan bekam dieser Schritt ein ideologisches Fundament. Diese Phase bewertete Eylem später als die bedeutungsvollste Zeit ihres Leben. Nach einer Ausbildung in den Medya-Verteidigungsgebieten hielt sich Eylem als Kämpferin der YJA Star in verschiedenen Regionen im Süden Kurdistans auf und übernahm wichtige Aufgaben. Zuletzt kämpfte sie in Botan.

Armanç Devrim


Armanç Devrim ist in Colemêrg-Gever geboren und gehörte dem Stamm der Marînos an. Sie wuchs in einem der kurdischen Freiheitsbewegung nahestehendem Umfeld auf und orientierte sich an den selbstbewussten Frauen, die als Guerilla in den Bergen kämpften. Patriarchale und feudale Denkweisen machten sie wütend, die Verwertung von Frauen als Ware im kapitalistischen System widerte sie an. Sie lehnte ein Leben als traditionelle Frau in der Gesellschaft ab und suchte nach Alternativen. 2015 schloss sie sich unter dem Eindruck des Kampfes gegen den IS in Kobanê und Şengal im Zagros-Gebirge einer Guerillagruppe an und bekam eine Grundausbildung, in der sie erste Kenntnisse über den bewaffneten Kampf erwarb und sich mit der Frauenbefreiungsideologie und Analysen von Abdullah Öcalan beschäftigte. Danach war sie an verschiedenen Orten in den Medya-Verteidigungsgebieten und übernahm Aufgaben bei der Errichtung unterirdischer Stellungen und im Bildungsbereich. Nach einer militärischen Fachausbildung ging sie zurück nach Bakur und kämpfte zuletzt als Militante der YJA Star in Wan, wo sie am 12. August bei einem feindlichen Angriff ums Leben kam.