„Arabisierungspolitik in Kerkûk gefährdet regionalen Frieden“

Die „Arabisierungspolitik“, die von der irakischen Bundespolizei, den Heşdî-Şabî-Milizen und dem Gouverneur in Kerkûk ausgeübt wird, stellt eine große Gefahr für das Gleichgewicht in der Region dar.

Der kurdische Aktivist Ethem Cuma kritisierte die „Arabisierungspolitik“, die von der irakischen Bundespolizei, Heşdî-Şabî-Milizen und dem Gouverneur in Kerkûk ausgeübt wird und warnte vor der großen Gefahr, die diese für das Gleichgewicht in der Region darstelle.

Nachdem das irakische Militär und die mit ihm zusammenhängende Heşdî Şabî am 16. Oktober 2017 Regionen wie Kerkûk, Xurmatû und Dakûk besetzten haben die irakischen Kräfte einen Schwerpunkt auf eine Entkurdisierungspolitik gelegt. Gegen diese von der irakischen Bundespolizei, Heşdî Şabî und einige für die Region ernannte Beamte umgesetzte Politik, fanden in den letzten Tagen immer wieder Proteste statt. Mitglieder einiger an der Organisierung der Proteste beteiligte zivilgesellschaftliche Organisationen wurden festgenommen und später wieder auf Kaution freigelassen.

Militärgesetze werden angewendet

ANF führte mit einem der wieder freigelassenen Aktivisten Ethem Cuma ein Interview. „Seit dem 16. Oktober gibt es bezüglich Kerkûk eine besondere Praxis; es werden Militärgesetze angewendet. Insbesondere die Bundespolizei, Heşdî Şabî und Personen, die in Kerkûk als Gouverneure bevollmächtigt sind, setzen ein Konzept um, dass keine rechtliche Grundlage besitzt. Sie bedrohen damit die Sicherheit der Region und das Zusammenleben. Sie fügen damit dem Gleichgewicht des Zusammenlebens einen schweren Schaden zu und legen die Lunte an die Gesellschaft“, so Cuma.

So sollen zum Beispiel die kurdischen Arbeiter*innen aus den Ölfirmen der Region entlassen und an ihre Stelle arabische Arbeiter*innen eingesetzt worden sein. Dies entspreche den Praktiken der nach 1975 eingeführten „Arabisierungspolitik“ des Baath-Regimes. Cuma sagt dazu: „Es gab ein Gesetz, das 1975 in Kraft getreten ist, nach diesem Gesetz wurden von verschiedenen Orten im Irak viele Araber*innen nach Kerkûk gebracht und dort angesiedelt. Ein großer Teil der Kurd*innen wurde vertrieben. Diese Politik fand bis 2003 statt. Nach 2003 kehrten sie an die Orte zurück, von denen sie zuvor vertrieben worden waren. Jetzt sind wir wieder in der Situation von 1975. Nun wird wieder versucht, die Kurd*innen zu vertreiben.“  

Cuma erzählt von den letzten Ereignissen in der Stadt: „Die irakische Bundespolizei und die Milizen von Heşdî Şabî zwingen vielerorts Kurd*innen dazu ihre Wohnorte zu verlassen. Die Orte von denen wir sprechen, also Palkane, Dakûk und andere, sind Orte, an denen Kurd*innen seit Jahrhunderten leben. Deshalb kam es zu Problem in der Region. So schaffen sie Unruhe und Probleme unter der regionalen Bevölkerung.“

Auf den juristischen Kampf konzentrieren

Cuma bezeichnet diese Praxen als rechtswidrig und man juristisch dagegen vorgehen möchte. Er hob hervor, dass man sich vor allem auf den juristischen Kampf konzentrieren wolle, denn der sei bisher viel zu wenig geführt worden. „Wir Menschen aus Kerkûk wollen eine Bewegung bilden, um juristisch dagegen vorgehen. Es gibt eine neue Situation. Aber es darf nicht so werden wie mit den Parteien, Gruppen oder Bewegungen vor dem 16. Oktober 2017. Denn die sind in Korruption versunken. Wenn man selbst im Dreck steckt, dann ist es schwer einen juristischen Kampf zu führen. Es wäre schon ein großer Erfolg, wenn die Gesetze von vor 2003 angewandt würden. Aber der Kampf um diese Gesetzmäßigkeit wurde vernachlässigt. Man hätte auf den Paragraphen bezüglich Kerkûk in der Verfassung bestehen, müssen. Denn es waren sehr wertvolle Gesetze. Rechte die mit dem Blut von tausenden Gefallenen erkämpft wurden. Wir werden in diesem Sinne einen juristischen Kampf führen.“

Zum Problem des Gouverneurs kommentiert Cuma: „Außerdem gibt es in Kerkûk das Problem mit dem Gouverneursamt. Hier gibt es im Moment eine Person, die als Bevollmächtigte das Gouverneursamt innehat. Aber eigentlich muss sich der Kreisrat versammeln, um den Gouverneur zu wählen. Aber die Kreisratsmitglieder der PDK und von Yekgirtû kommen nicht. Wenn sie kämen und an den Treffen teilnähmen, dann würde der neue Gouverneur ein Kurde sein. Aber alle stellen die Vorteile ihrer Partei und ihre persönlichen Vorteile vorne an. Für sie zählt nur der Profit ihrer Unternehmen. Die Korruption aus der Zeit des Gouverneurs Necmedîn Kerim wird jetzt unter Rakan Said fortgesetzt.“