Als Women Defend Rojava haben wir die vergangenen Monate in einer Erklärung eine sofortige Flugverbotszone über Nord- und Ostsyrien gefordert. Wir fordern gemeinsam mit den Unterzeichnenden eine Politik, die „feministische Diplomatie“ nicht als inhaltsleeres Aushängeschild benutzt, sondern dementsprechend handelt.
Der Krieg in Syrien kommt nicht zum Ende und reiht sich in eine Verschärfung kriegerischer Situationen weltweit ein. Seit über zehn Jahren ist das Land Schauplatz eines globalen Stellvertreterkrieges, der tausende Menschen in die Flucht treibt, in dem gezielt zivile Infrastruktur zerstört wird und der Menschen das Leben kostet. Hintergrund dessen sind die aggressiven Expansionspläne und der blutige Angriffskrieg der türkischen Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan. Dabei setzt der türkische Staat zunehmend auf Drohnenangriffe als Strategie zur Schwächung der demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens. Allein im Jahr 2022 wurden 130 Drohnenangriffe mit dramatischen Folgen aus der Region gemeldet, bei denen 87 Menschen getötet und 151 verletzt wurden.
Das faschistische Regime hat einen Völkermord zum Ziel
Die militärischen Angriffe stehen jedoch nicht allein, sondern auch nach dem Erdbeben in Regionen Kurdistans in türkischen und syrischen Staatsgebieten ist deutlich geworden, dass das faschistische Regime einen Völkermord zum Ziel hat. Absichtlich wurden die Erdbebenhilfen insbesondere in kurdische Regionen nicht zugelassen, Journalist:innen und Helfende inhaftiert. Wäre schneller Hilfe in die Region gelassen worden, wären deutlich weniger Tote zu beklagen. Gleichzeitig werden weiterhin die Menschen sowohl in Nordsyrien als auch in Şengal im Nordirak von türkischen Luftangriffen bombardiert und Stellungen der Guerilla in den Bergen Kurdistans angegriffen, obwohl von der Guerilla ein einseitig verkündeter Waffenstillstand beschlossen wurde. Wie sollen wir diese Situation benennen - wenn nicht als Völkermord! Wir werden niemals Völkermorde hinnehmen.
Hamburg im Oktober 2022: Aktivistinnen der Ortsgruppe von Women Defend Rojava fordern die Grünen zum Handeln für die Einrichtung einer Flugverbotszone über Nord- und Ostsyrien auf.
Der Wunsch nach einer Lösung des Friedens eint uns
In diesem Sinne sehen wir auch unsere Initiative der Flugverbotszone über Nord- und Ostsyrien. In den letzten Monaten sind wir über die Forderung eben dieser Flugverbotszone in Kontakt mit verschiedenen Menschen, Politiker:innen, Initiativen und Organisationen gekommen. Mit vielfältigen Aktionen haben wir auf die aktuelle Situation und den anhaltenden Krieg in Kurdistan aufmerksam gemacht, unserer Forderung nach einer Flugverbotszone lautstark Ausdruck verliehen und unseren Druck auf Politiker:innen hierzulande erhöht, sich für den Frieden in Kurdistan einzusetzen und den türkischen Angriffen ein Ende zu setzen. Die Forderung nach einer Flugverbotszone und der Wunsch nach einer Lösung des Friedens eint uns. Denn wir sehen, dass die Staaten ihre eigenen Interessen vertreten und trotz Mitverantwortung zu dem Krieg in Kurdistan schweigen.
Anerkennung der demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens
Unsere Forderung nach der politischen Anerkennung der demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens, innerhalb derer Menschen in den letzten zehn Jahren dort ein System aufgebaut haben, das auf Basisdemokratie, einer starken Rolle der Frau, ökologischer Nachhaltigkeit und einem pluralistischen Zusammenleben verschiedener religiöser und Bevölkerungsgruppen beruht, bleibt daher bestehen. Denn seit 2012 wurden dabei unzählige Gesellschaftsstrukturen wie Schulen, Gesundheitszentren und Kommunalräte aufgebaut, die ein friedliches Zusammenleben aller Menschen garantieren sollen. Die Bemühungen und Errungenschaften der Menschen vor Ort müssen anerkannt und legitimiert werden. Die demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens und damit die Selbstbestimmung der Menschen vor Ort muss politisch anerkannt werden. In der Erklärung zur Forderung der Flugverbotszone schreiben wir:
Tübingen, Dezember 2022: Das Bündnis „Solidarität mit Kurdistan“ fordert eine Positionierung der SPD gegen Angriffe der Türkei und den Einsatz von Chemiewaffen in Kurdistan.
„Was in den letzten Jahren im Norden und Osten Syriens passiert ist, gleicht einer feministischen Revolution. Frauen haben eine tragende Rolle im gesellschaftlichen Aufbau und der Organisierung des demokratischen Miteinanders und kämpften unter großen Opfern gegen den mörderischen IS. Von der ganzen Welt wurden sie dafür bejubelt. Die Drohnen der Türkei treffen genau sie. Das türkische Regime weiß um ihre Kraft im gesellschaftlichen Aufbau und versucht sie mit allen Mitteln zu vernichten.“
Heute ist der 8.März, der internationale Kampftag für die Freiheit von Frauen und allen unterdrückten Geschlechtern. Dieser Tag steht dafür sichtbar zu machen, dass wir keinen Feminizid dulden werden. Nicht in Kurdistan, nicht im iranischen Staat und nicht an allen weiteren Tatorten von Feminiziden. Lassen wir also nicht zu, dass die Frauen in Kurdistan und an anderen Orten der Welt ermordet werden, die als Vorreiterinnen der Frauenrevolution auch für unsere Freiheit kämpfen.
In diesem Sinne lasst uns gemeinsam für die Freiheit von Frauen und Menschen aller unterdrückten Geschlechter kämpfen! Wir freuen uns, auch weiterhin mit zahlreichen Menschen in Austausch zu treten, wie internationalistische Solidarität in der Praxis aussehen kann - in Form einer Erklärung zur Flugverbotszone oder mit vielen weiteren kämpferischen Ideen und Projekten. Denn je mehr wir uns organisieren, desto mehr werden wir in der Lage sein, unser Leben, unsere Ideen, Hoffnungen und Träume zu verteidigen und umzusetzen!
Jin Jiyan Azadî - gemeinsam verteidigen wir das Leben!