Der türkische Staat und seine dschihadistischen Milizen begehen in Efrîn Kriegsverbrechen gegen Frauen und Mädchen. Eine Mutter, die auf der Suche nach ihrer 14-jährigen Tochter ist, hat die Grausamkeiten enthüllt: „Das, was in Şengal getan wurde, wiederholt sich hier. Die ganze Welt soll wissen, dass hier Schandtaten begangen werden.“
Die Besatzungsangriffe des türkischen Staates und angegliederter IS/Al-Qaida-Milizen gegen den nordsyrischen Kanton Efrîn halten bereits seit mehr als zwei Monaten an. Mit der Absicht, eine kurdenfreie Region zu schaffen, werden die genozidalen Angriffe auch nach der Besatzung mit voller Härte fortgesetzt. Mit jedem Tag begehen die Besatzer in Efrîn neue Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die türkischen Angreifer und ihre Banden, die die Häuser der Bewohner*innen Efrîns plündern, sie niederbrennen, die Erinnerung an das kurdische Volk versuchen auszulöschen und Menschen auf offener Straße hinrichten, vergreifen sich auch an den Frauen. So wie es der Islamische Staat zuvor tat und die Frauen Şengals entführte, um sie systematisch zu vergewaltigen, widerfährt den Frauen und Mädchen Efrîns nun das selbe Martyrium.
Entführung, Gefangenschaft, Vergewaltigung
Nach unseren Informationen wurden seit der Besatzung der Stadt am 18. März Dutzende Frauen und Mädchen von türkischen Streitkräften entführt. Die Frauen und Mädchen werden in einigen Häusern in der Vilayet-Straße im Stadtzentrum festgehalten und sind systematischer, sexueller Gewalt von türkischen Soldaten ausgesetzt.
Angaben von Zeugen bestätigen Entführungen
Ein Informant, der im Mahmudiye-Viertel lebt und dessen Namen wir nicht veröffentlichen können, berichtete uns folgendes: „Seit dem Tag, an dem sie in die Stadt kamen, fielen sie über unsere Häuser her und haben alle wertvollen Sachen an sich gerissen. Gold, Elektro-Geräte, alles was sie gefunden haben, haben sie auf Lastwagen geladen und weggebracht. Auf der Suche nach Menschen, die die Stadt nicht verlassen hatten, sind sie durch alle Straßen gezogen. Die Männer sind an einen anderen Ort gebracht worden als die Frauen. Wir haben die Schreie der Frauen gehört. Ich weiß nicht, was sie mit ihnen tun. Wir Männer wurden gefoltert. Sie sagten uns ‚Ihr unterstützt die Terroristen. Eure Habseligkeiten und Frauen werden wir euch entziehen‘.
‚Manche von ihnen kamen nicht zurück‘
Nach zwei Tagen ohne Wasser und Nahrung haben sie uns freigelassen. Einige Frauen und Mädchen jedoch kamen nicht zurück. Sie wurden an einen anderen Ort gebracht. Wir wissen nicht, wo sie sind. Unter ihnen befinden sich auch zwei 14–15-jährige Mädchen, mit denen ich verwandt bin.“
Mutter eines entführten Mädchens deckt Kriegsverbrechen auf
Unser Zeuge teilt uns mit, dass es sich bei den seit dem 22. März verschwundenen Mädchen um F. H. und H. A. handelt. Mit der Mutter von H. A. haben wir telefonischen Kontakt herstellen können. Sie hat uns berichtet, dass sie seit Tagen heimlich versucht, die beiden Mädchen zu finden. Dabei habe sie weitere Familien kennengelernt, die ebenfalls auf der Suche nach ihren Töchtern seien. „Auf der Suche nach meiner Tochter habe ich erfahren, dass eine ganze Reihe Mädchen verschwunden sind. Bisher bin ich auf 15 Fälle gestoßen, bei denen Frauen und Mädchen zwischen 14 und 20 Jahren verschwunden sind. Das sind allerdings lediglich die Fälle aus meinem Viertel.“
IS-Mentalität wie beim Einfall in Şengal
Nach Informationen einer arabischen Nachbarsfamilie in ihrem Viertel, die enge Kontakte zu den türkischen Truppen und Milizen in der Stadt hat, werden die entführten Mädchen und Frauen in einigen Häusern auf der Vilayet-Straße im Stadtzentrum festgehalten, berichtet uns die Mutter. „Sie hatten die Häuser in der Gegend bereits für sich beansprucht und lassen niemanden in die Nähe. Unsere Kinder werden dort festgehalten. Das, was in Şengal getan wurde, wiederholt sich hier. Sie halten unsere Kinder gefangen und vergewaltigen sie. Die ganze Welt soll wissen, dass hier Schandtaten begangen werden.“
‚Sie fahren durch die Straßen und sammeln junge Frauen ein‘
Ein weiterer Zeuge, nach eigenen Angaben ein Araber, bestätigt die Informationen zu den Kriegsverbrechen der türkischen Besatzungsarmee und angegliederten Banden an den Frauen Efrîns und berichtet uns folgendes: „Ein Anführer der an die Türkei angeschlossenen Söldnergruppierung Hamza-Division fährt durch die Straßen und sammelt die jungen Frauen ein. Diese Mädchen werden in Häuser in der Vilayet Straße gebracht und türkischen Soldaten sowie Milizen dargereicht.“