Berlin: „Solidarität mit Demokraten in der Türkei“

Zur Unterstützung der demokratischen Opposition in der Türkei hat in Berlin eine Pressekonferenz unter der Losung „Frieden im Mittelmeerraum - Solidarität mit Demokraten in der Türkei“ stattgefunden.

In der Türkei haben 101 bekannte Persönlichkeiten im Juli einen offenen Brief veröffentlicht, in dem sie zur Vereinigung der Opposition gegen die AKP/MHP-Diktatur aufrufen. Die Unterzeichnenden nennen sich aufgrund ihrer Lebenserfahrung die „101 Weisen" und gehören unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Kreisen an. Ihr Aufruf erfährt in der Türkei und unter den Oppositionellen aus der Türkei im Ausland breite Unterstützung. Sie appellieren an die demokratische Verantwortung und rufen dazu auf, gemeinsam gegen das Unrechtsregime der AKP anzutreten, welches seit Jahren zehntausende Wissenschaftler*innen, Journalist*innen, Kunst- und Kulturschaffende einsperrt und verfolgt, und andererseits mehrere Krisenherde im Mittelmeer befeuert.

Zur Unterstützung der „101 Weisen“ hatte das KulturForum TürkeiDeutschland am Dienstag unter der Losung „Frieden im Mittelmeerraum - Solidarität mit Demokraten in der Türkei“ zu einer Pressekonferenz ins Willy-Brandt-Haus in Berlin eingeladen. Osman Okkan, Sprecher des KulturForums, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass es ihm und seinen Mitstreitern vor allem um die Solidarität mit den politischen Gefangenen und anderen Verfolgten in der Türkei geht. Er erinnerte daran, dass in der Türkei die Verfassung faktisch außer Kraft gesetzt und die Außenpolitik von Expansionslust beherrscht sei. Das zeigten auch Militäroperationen im Irak, in Syrien, in Libyen und zuletzt in der Ägäis und dem Kaukasus.

Per Videobotschaften und auf der Bühne meldeten sich anschließend der Musiker und Autor Zülfü Livaneli, der ehemalige Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Rıza Türmen, die Journalisten Aydın Engin und Can Dündar, die ehemaligen HDP-Abgeordneten Ahmet Türk, Ertuğrul Kürkçü und Ziya Pir, die Schriftstellerin Oya Baydar, die Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige Politikerin Nesrin Nas und die Autorin und Linguistin Reyhan Şahin (Lady Bitch Ray) zu Wort.

Die im Berliner Exil lebende Autorin Aslı Erdoğan ging in ihrer Rede auf den Kulturmäzen Osman Kavala ein, der seit fast drei Jahren im Hochsicherheitsgefängnis in Silivri sitzt. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir forderte die Bundesregierung auf, der Türkei mit dem Rausschmiss aus dem Europäischen Rat zu drohen, da sie sich weigere, Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) umzusetzen. Der EGMR forderte schon im Dezember 2019 Kavalas Freilassung. Der Kulturmäzen kam aber nicht frei, weil kurz darauf ein neuer Haftbefehl erlassen wurde. Auch der ehemalige HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtaş sitzt noch im Gefängnis, obwohl der EGMR auch seine Freilassung fordert.

Zu der Pressekonferenz hatten das PEN-Zentrum Deutschland, die Deutsche Journalist*innen Union/ver.di, der Deutsche Journalisten-Verband DJV, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und das KulturForum TürkeiDeutschland aufgerufen. In den türkischen Medien war die Veranstaltung schon vorab als eine „Kampagne gegen die Türkei“ oder „Veranstaltung von Verrätern in Deutschland“ bezeichnet worden. Das KulturForum sieht das als Indiz dafür, wie sensibel das Erdoğan-Regime die Berichterstattung im Ausland verfolgt.