Der schon in der HADEP und DTP aktiv gewesene kurdische Politiker Tuncer Bakırhan war am 30. März 2014 in das Amt des Ko-Bürgermeisters von Sêrt gewählt worden. Am 16. November 2016 wurde er verhaftet und einen Tag später durch einen Zwangsverwalter ersetzt. Ihm wird vorgeworfen, Mitglied in einer verbotenen Organisation zu sein, 18 Mal „Propaganda für eine Organisation“ gemacht zu haben und zwei Mal „illegale Versammlungen oder Demonstrationen durchgeführt oder angeführt“ zu haben. Der Prozess wurde mit der Forderung einer Strafe von 28,5 bis 111 Jahren Haft eröffnet. Die Verhandlung fand am Freitag vor dem 2. Schwurgerichtshof von Sêrt statt. An dem Prozess nahmen die Anwälte und als Beobachter*innen Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) teil. Der Angeklagte Bakırhan konnte nur aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Bolu per Videoschaltung an der Verhandlung teilnehmen.
Die Anwälte Bakırhans betonten, dass die Anschuldigungen gegen ihren Mandanten jeglicher juristischer Grundlage entbehrten und forderten Freispruch. Das Gericht verurteilte Bakırhan wegen Mitgliedschaft zu acht Jahren und neun Monaten sowie wegen Propaganda zu einem Jahr, drei Monaten und 15 Tagen Haftstrafe.
Bakırhans Anwalt bezeichnete die Entscheidung als bisher selbst in der Türkei noch nicht dagewesene Ungerechtigkeit. Das Gericht habe keinerlei Bemühungen zur Untersuchung des Falls angestellt und sich stattdessen nur auf die Aussagen der Sicherheitskräfte gestützt.
Alle Anträge auf Überprüfung der Aussagen der Sicherheitskräfte seien abgelehnt worden. Das Urteil sei eindeutig politisch.