Wir wollen kein Geld, wir wollen die sterblichen Überreste
Trotz Polizeiblockade sind die Samstagsmütter in Istanbul zum 712. Mal zusammengekommen und haben nach Nihat Aydoğan gefragt, der vor 24 Jahren in Polizeigewahrsam verschwunden ist.
Trotz Polizeiblockade sind die Samstagsmütter in Istanbul zum 712. Mal zusammengekommen und haben nach Nihat Aydoğan gefragt, der vor 24 Jahren in Polizeigewahrsam verschwunden ist.
Ein weiteres Mal sind die Samstagsmütter in Istanbul auf die Straße gegangen, um Aufklärung über ihre verschwundenen Angehörigen zu fordern. Die Kundgebung auf dem zentralen Galatasaray-Platz wurde wie bereits seit zweieinhalb Monaten verboten, daher kamen die Samstagsmütter mit ihren Unterstützer*innen vor dem Menschenrechtsverein IHD in der Çukur-Çeşme-Straße zusammen.
Thematisiert wurde heute der Fall von Nihat Aydoğan, der nach seiner Festnahme am 30. November 1994 in Midyad verschwunden ist. Der damals 39-Jährige war Vater von vier Kindern und lebte im Dorf Doğançay in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn (Mardin). Die Dorfbevölkerung lehnte es ab, sich vom türkischen Staat als bewaffnete Dorfschützer gegen die kurdische Befreiungsbewegung benutzen zu lassen. Aus diesem Grund kam es zu häufigen Übergriffen der Sicherheitskräfte. Auch das Haus von Nihat Aydoğan wurde wiederholt von Militärs durchsucht, der Familienvater wurde mehrfach festgenommen und tagelang gefoltert. Am 30. November 1994 um 5 Uhr morgens kamen die Soldaten ein weiteres Mal. Sie brachen die Tür auf, schlugen auf Aydoğan ein und zerrten ihn aus dem Bett. Er wurde gefesselt und mit verbundenen Augen zunächst zur Jandarma-Station in Midyad und dann in der Provinzhauptstadt Mêrdîn gebracht. Das war das letzte, was von ihm gehört wurde. Seitdem ist er verschwunden.
Auf der Kundgebung der Samstagsmütter erklärte seine Frau Halime Aydoğan: „Ich suche seit 24 Jahren nach meinem Mann und werde die Suche nach seinen Knochen bis zu meinem Tod fortsetzen. Wir alle hier suchen nach unseren Angehörigen. Auch wir sind Menschen dieses Landes. Ich will kein Geld und keine Entschädigung vom Staat, alles, was ich will, sind die Gebeine meines Mannes.“