Weiterer Prozess wegen YPG-Symbolen in München
In seiner ersten Entscheidung hatte das Amtsgericht München einen Strafbefehl abgelehnt. Erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft kommt es jetzt zur Verhandlung.
In seiner ersten Entscheidung hatte das Amtsgericht München einen Strafbefehl abgelehnt. Erst nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft kommt es jetzt zur Verhandlung.
In München steht am Freitag ein weiterer Prozess wegen des Zeigens von YPG-Fahnen/Symbolen an. Angeklagt ist der Aktivist Benjamin Ruß, dem wegen eines Facebook-Beitrags mit einem Symbol der Volksverteidigungseinheiten YPG „Verstoß gegen das Vereinsgesetz“ vorgeworfen wird. Das Verfahren gegen den 33-Jährigen ist deswegen besonders interessant, da das Münchner Amtsgericht in seiner ersten Entscheidung den Strafbefehl abgelehnt hat. Erst aufgrund einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft bei der 18. Strafkammer am Landgericht München kommt es jetzt zur Verhandlung.
Razzia bei Ruß: Reine Schikane und Ausleuchtung von Speichermedien
Benjamin Ruß setzt sich seit mehr als vier Jahren aktiv in der Solidaritätsarbeit mit der kurdischen Freiheitsbewegung ein. „Für mich war der Widerstand in Kobane der Moment, der mich zur Auseinandersetzung mit der kurdischen Frage brachte“, sagte er gegenüber dem Bündnis „Solidarität sichtbar machen“. Zu dieser Zeit habe in München ein aktiver Austausch der multiethnischen Jugend stattgefunden. Als die Drohungen des türkischen Staates gegen Rojava/Nordsyrien immer offensichtlicher wurden, änderte Ruß das Hintergrundbild auf seinem Facebook-Account und lädt als Zeichen der Solidarität ein Bild einer YPG-Fahne hoch. Fünf Monate später stürmten im August 2017 vermummte Polizist*innen seine Wohnung und beschlagnahmten sämtliche Speichermedien. Erst im Mai dieses Jahres erhielt er sie zurück. Ruß erklärte dazu: „Die Hausdurchsuchung war völlig unangemessen. Ich hätte jeder Zeit zugegeben, dieses Bild hochgeladen zu haben. Den Behörden ging es dabei um reine Schikane und um das Ausleuchten meiner Computer.“
Dieselben Behörden hatten jahrelang keine Ahnung vom NSU
Als der Bayerische Rundfunk über die Hausdurchsuchung berichtete, teilte ein befreundeter Musiker den BR-Artikel auf Facebook. Und bekam selbst eine Anzeige zugeschickt. Als sodann die Süddeutsche Zeitung über den Strafbefehl wegen des Teilens eines BR-Artikels berichtete, teilte Benjamin Ruß wiederum diesen Artikel auf Facebook. Und erhielt eine weitere Anzeige. „Der Verfolgungseifer der Behörden in diesem Zusammenhang ist beachtlich. Es wundert einen direkt, wie dieselben Behörden jahrelang keine Ahnung vom NSU haben konnten“, kommentierte Ruß die Leidenschaft der Münchener Behörden bei der Durchforstung von Facebook nach Symbolen der Organisationen, die den größten Anteil an dem Sieg über den sogenannten IS in Rojava und Syrien haben: Die YPG und YPJ.
Weitere Verfahren gegen Benjamin Ruß
Neben dem Verfahren am Freitag kommen auf Ruß noch weitere zu. „Viel mehr Menschen sollten die Fahnen der YPG und YPJ offen auf der Straße tragen. Sie sind derzeit die fortschrittlichste Kraft in der Region und die Kurd*innen gleichzeitig eines der unterdrücktesten Völker der Welt“, fordert er.
Aufruf zur Teilnahme an Kundgebung und Prozess
Die Verhandlung gegen Benjamin Ruß am 14. Dezember vor dem Amtsgericht (Nymphenburger Straße 16, 80335 München) beginnt um 9 Uhr. Solidarische Aktivist*innen, die gegen die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung und das Verbot ihrer Symbole protestieren, rufen zur Teilnahme am Prozess und einer Kundgebung auf, die um 8.15 Uhr vor dem Gerichtsgebäude stattfinden wird.