Weiterer Anschlag auf Spandauer Hausprojekt

Gegen das alternative Hausprojekt Jagow15 in Berlin-Spandau ist ein weiterer Brandanschlag verübt worden, kurz danach wurde mit Sprengstoff gedroht. Hinter den anhaltenden Angriffen werden Neonazis vermutet.

Das selbstorganisierte Hausprojekt Jagowstraße 15 in Berlin-Spandau ist seit Wochen lebensbedrohlichen Angriffen angesetzt. Nach einem Brandanschlag vor zwei Wochen ist am 18. April erneut Feuer gelegt worden, kurz danach wurde mit Sprengstoff gedroht. In dem Haus leben Familien, Wohngemeinschaften und Einzelpersonen aus verschiedenen Generationen und Kulturen, die sich für ein solidarisches und selbstbestimmtes Miteinander einsetzen. Das Projekt ist Mitglied im Miethäuser Syndikat. Hinter den Angriffen werden Neonazis vermutet.

Zu dem jüngsten Anschlag teilt das Hausprojekt mit: „In der Nacht vom 18. auf den 19. April gab es gegen 22.15 Uhr erneut einen Brandanschlag. Kurz zuvor waren noch Hausbewohner*innen im Hof. Es gab nur ein paar Minuten, in denen niemand von uns den Hinterhof im Blick hatte. Dieser Zeitraum hat gereicht, dass von hinten über die Mauer das Feuer gelegt wurde. Schon bald bemerkte ein Bewohner eine Rauchentwicklung in der am Seitenflügel anliegenden Garage und schlug Alarm. Dann lief alles sehr schnell und koordiniert ab, alle Bewohner*innen konnten das Haus verlassen, während gleichzeitig Löschversuche unternommen und die Feuerwehr kontaktiert wurde. Das Feuer entwickelte sich dermaßen rasant, dass binnen kürzester Zeit die Garage und zwei PKWs in Flammen standen, die fast bis zum zweiten Stock reichten. Es war uns diesmal unmöglich und eindeutig zu gefährlich, das Feuer in der ehemaligen Autowerkstatt selbst einzudämmen. Nach ca. zwei Stunden konnte die Feuerwehr den Brand endgültig löschen. Die beiden PKWs sind komplett ausgebrannt. Zum Glück beschädigte das Feuer auf dem Hof dieses Mal keine der Wohnungen direkt und verletzte niemanden physisch.“

Bei der Brandstiftung zwei Wochen zuvor verletzte sich eine Person, als sie über dem Brandbereich aus dem Fenster kletterte und stürzte. Insgesamt zwei Personen wurden mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus gebracht.

Anonyme Ankündigung von Sprengstoffanschlag

Nur zwei Nächte erhöhte sich schlagartig die Polizeipräsenz vor dem Haus. „Auf Nachfrage erhielten wir die Information, dass eine akute Bedrohungslage vorliegt. Später erfuhren wir, dass ein anonymer Anruf bei der Polizei eingegangen war, in dem angekündigt wurde, dass ein möglicher Sprengstoffangriff auf das Haus stattfinden soll. Diese Bedrohung veranlasste einen sofortigen Polizeieinsatz zur Entschärfung der Umgebung rund ums Haus“, so das Hausprojekt:

„Wir sind geschockt davon, wie organisiert unser Haus terrorisiert wird. Die Geschehnisse der letzten Tage stärken die Vermutung, dass hinter den Angriffen eine rechtsextreme Koordination steht. Aktuell stemmen wir selbst den ersten nötigen Schutz. Was im Moment passiert, nimmt uns alle mit und zehrt an unseren und den Kräften unserer Freund*innen, Familien und Netzwerke. Die Solidarität von außerhalb stärkt uns unglaublich den Rücken und zeigt wieder einmal, dass solche Anlässe auch Menschen neu zusammenbringen.

Für uns ist weiterhin klar, dass wir nicht die Ersten sind, die diese Einschüchterungsversuche treffen. Das Vorgehen der Täter*innen ist bekannt. Egal ob im Neukölln-Komplex, beim NSU2.0 oder jetzt in Spandau. All diese Anschläge sind skrupellos und nicht hinnehmbar.

Hier im Haus fanden sich über die Jahre Menschen mit verschiedensten Hintergründen zusammen und gerade in der jetzigen Berliner Wohnsituation ist es für viele existenziell diesen sicheren, bezahlbaren Wohnort gefunden zu haben. Die Jagow15 ist seit Jahren in Spandau als gemeinschaftliches Wohnprojekt bekannt und vernetzt. Das Haus wird sich auch weiterhin für ein solidarisches und diskriminierungsfreies Miteinander einsetzten.

Wir leben in einem super internationalen, diversen Kiez – und Brandanschläge verändern nichts daran, dass Berlin eine weltoffene und bunte Stadt ist. Interkulturelles Zusammensein, binationale Familien, alternative Lebensformen, soziales Engagement und ein Verständnis fürs
Miteinander sind längst Teil dieser Gesellschaft. Wir lassen uns nicht einschüchtern!"