Im vergangenen August nahm die PKK in der Nähe des Dukan-Staudamms in Südkurdistan zwei hochrangige MIT-Agenten fest. Die KCK veröffentlichte die über sie gewonnenen Informationen am 2. Januar. Es ist zu erwarten, dass weitere Informationen in den kommenden Tagen öffentlich gemacht werden.
Sehen wir uns zunächst noch einmal an, wie es zu der Gefangennahme kam und was die MIT-Agenten erzählt haben.
Die Gefangennahme erfolgte Anfang August 2017. Aus den Pässen der Agenten war ersichtlich, dass sie am 3. August nach Silêmanî geflogen sind.
Bei den Agenten handelt es sich um Erhan Pekçetin und Aydın Günel. Laut Erklärung der KCK ist Pekçetin „Leiter der strategisch wichtigen Abteilung für ethnisch-separatistische Tätigkeiten im Inland“. Aydın Günel ist Führungsfunktionär der Abteilung für Quellen im In- und Ausland.
Es sind also Personen, die Zugang zu sämtlichen Informationen des MIT haben.
Ziel ihrer Reise nach Silêmanî waren Attentate auf Personen aus der Leitungsebene der PKK oder ähnliche Operationen.
Der Vorfall ereignet sich Anfang August, die Vorbereitungen dauern jedoch fünf Monate. Der MIT denkt, er bereite eine Operation auf die PKK-Leitung vor. Die PKK-Leitung hingegen lockt den MIT mit eigenen nachrichtendienstlichen Mitteln in die Region. Nachdem die örtliche Einheit des MIT signalisiert, dass es losgehen kann, fliegen die beiden Führungsfunktionäre Günel und Pekçetin von Ankara nach Silêmanî, um die geplante Operation persönlich anzuleiten. Von Silêmanî fahren sie nach Dukan. Dukan liegt in der Nähe der Region Kandil. Gerade angekommen, werden sie von einer Sondereinheit der HPG gefangen genommen.
Es soll sogar Aufnahmen davon geben, die allerdings noch nicht veröffentlicht sind.
Zusammengefasst sind diese MIT-Funktionäre also nicht festgesetzt worden, weil bei der von ihnen geplanten Operation etwas schiefgelaufen wäre. Vielmehr erfolgte ihre Gefangennahme im Rahmen einer ausgefeilten Operation der PKK. Das geht aus den weiteren Entwicklungen und Erklärungen hervor.
Und was geschah anschließend?
Bei der Operation wurden natürlich nicht nur die beiden Führungsfunktionäre festgesetzt, sondern die komplette vor Ort tätige MIT-Einheit.
Nach der Gefangennahme gaben weder die PKK noch Ankara eine Stellungnahme ab. Ankara forderte die PKK über die YNK auf, die Agenten freizulassen. Die PKK ging nicht darauf ein und ließ lediglich ausrichten, dass die Ermittlungen andauerten. Die beharrliche Initiative der YNK verlief ergebnislos. Daraufhin ließ Ankara den YNK-Vertreter Behroz Gelali aus der Türkei ausweisen. Die YNK erklärte, die Ausweisung sei im Zusammenhang mit der Gefangennahme der MIT-Agenten erfolgt. Auf diese Weise erfuhr die Öffentlichkeit von den Vorgängen.
Die Führung in Ankara, die über die YNK nichts erreichte, forderte von drei verschiedenen internationalen Mächten Unterstützung. Die Besuche Hakan Fidans in den Hauptstädten dieser drei Staaten hingen damit zusammen. Auch die Bemühungen dieser Staaten bei der PKK verliefen ergebnislos. Letztendlich forderte Ankara die Übergabe seiner Agenten an eine dritte Stelle, aber diese Forderung wurde ebenfalls nicht umgesetzt.
Aus den Erklärungen der letzten Tage geht hervor, dass die Agenten sehr wichtige Informationen geliefert haben und somit die gesamte nachrichtendienstliche Tätigkeit des MIT gegen die PKK enttarnt worden ist.
So wurden alle MIT-Einheiten und mit ihnen in Verbindung stehenden Personen in Südkurdistan enttarnt und größtenteils festgenommen. Die PKK hat also nicht nur zwei bis drei Agenten erwischt, sondern eine viel größere Anzahl. Die Anti-PKK-Tätigkeit des MIT in Südkurdistan ist damit zusammengebrochen.
Außerdem werden die Informationen der in Dukan gefangen genommenen Funktionäre mit denen von zwei Gebietsverantwortlichen des MIT abgeglichen, die letztes Jahr in Cîzre festgenommen wurden. Die Namen dieser Personen sind noch nicht öffentlich gemacht worden. In der Erklärung der KCK heißt es, dass diese Arbeit fünf Monate gedauert habe und die gewonnenen Informationen daher erst mit großer Verzögerung veröffentlicht werden konnten.
Letztlich bleibt festzuhalten, dass die gefangen genommenen Personen sehr detaillierte Informationen über die Tätigkeiten des MIT in Südkurdistan, Rojava, Nordkurdistan und Europa geliefert haben. Diese Informationen sind dokumentiert. Die PKK-Leitung hat im Lichte dieser Informationen in den vergangenen fünf Monaten diverse Operationen durchgeführt.
Es bleibt offen, inwieweit diese Operationen öffentlich gemacht werden. Der wichtigste Punkt betrifft jedoch die Morde von Paris.
Am 9. Januar 2013 wurden Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez in Paris ermordet. Es ist belegt, dass der Mörder im Auftrag des MIT handelte. Kurdinnen und Kurden hatten niemals Zweifel daran, dass die Morde in Ankara geplant worden sind. Durch die von den MIT-Funktionären gelieferten Informationen ist das Verbrechen inzwischen vollständig aufgeklärt.
Bekanntlich wurden 2014 ein Dokument und eine Tonbandaufnahme zu den Morden in Paris veröffentlicht. Auf dem Dokument zur Ermordung von Sakine Cansız befinden sich die Unterschriften von vier MIT-Funktionären. Einer davon ist S. Asal. Laut Informationen der von der PKK gefangen genommenen Agenten handelt es sich um Sebahattin Asal. Diese Person hat im Namen des Staates zusammen mit Muhammed Dervişoğlu an den Verhandlungen auf İmralı und mit der PKK teilgenommen.
Bei den Gesprächen auf İmralı war Sebahattin Asal immer die Person mit staatlichen Befugnissen. In anderen Gesprächen stellte er sich als „Ozan“ vor.
Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez wurden also nicht von „Kreisen, die den Friedensprozess sabotieren wollten“ ermordet, sondern direkt von den für die Verhandlungen verantwortlichen Ansprechpartnern in Ankara.
Der gesamte „Friedensprozess“ war ohnehin eine Vernichtungsoperation. Auf der einen Seite fanden Gespräche statt, auf der anderen Seite Angriffe. Die Personen, die auf İmralı und in Oslo Gespräche führten, planten gleichzeitig Mordanschläge in Paris und Kandil.