Das politisch motivierte §129b-Verfahren gegen Mazhar Turan, das am 27. Februar vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz eröffnet worden war, neigt sich dem Ende zu. Wie der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland AZADÎ e.V. berichtet, werden bei der Verhandlung am kommenden Montag, dem 10. August, die Plädoyers gehalten. Am 18. August wird das Urteil verkündet.
Zu den Hintergründen des Verfahrens teilt AZADÎ e.V. mit: „Die Anklage beschuldigt den 60-Jährigen, von Mai 2018 bis zu seiner Festnahme im Juni vergangenen Jahres für das ‚PKK-Gebiet‘ Mainz verantwortlich gewesen zu sein. In seiner Leitungsfunktion habe er Spendenkampagnen, Gedenkveranstaltungen und solche ‚mit PKK-Bezug‘ organisiert oder zu Versammlungen und Kundgebungen mobilisiert.“ Individuelle Straftaten werden Mazhar Turan nicht zur Last gelegt.
Grundlage auch dieses Verfahrens sei die Ermächtigung des Bundesjustizministeriums zur strafrechtlichen Verfolgung mutmaßlicher Kader der PKK vom 6. September 2011, so der Kölner Verein. Diese Ermächtigungen, die auch für einzelne Personen erteilt werden können, müssen weder begründet werden, noch gibt es die Möglichkeit, sie rechtlich anzugreifen.
„Die ‚Erkenntnisse’ in dem Verfahren gegen Turan beruhen auf Observationsmaßnahmen, einer intensiven Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) sowie auf Durchsuchungen der Privatwohnung des Kurden und der Räume des kurdischen Vereins in Rüsselsheim.”
Zur Anklageerhebung der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz hatte Rechtsanwalt Markus Künzel, Verteidiger von Mazhar Turan, im Oktober 2019 erklärt, dass es „in hohem Maße heuchlerisch“ sei, wenn das NATO-Mitgliedsland Türkei wegen seiner Aggressionspolitik öffentlich kritisiert werde, zeitgleich aber „dem türkischen Interesse an Kriminalisierung angeblicher Tätigkeit für die kurdische Arbeiterpartei PKK in der Weise Folge geleistet“ werde, „dass es mit einer Regierungsermächtigung den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht“ werde, „ein Opfer der türkischen Menschenrechtsverletzungen allein für sein Engagement auch in Deutschland zu inhaftieren.“
Mazhar Turan nämlich war fast sieben Jahre in türkischer Haft. Unter den Folgen dort erlittener schwerer Folter leidet er bis heute.
Es werde mit diesem Verfahren „einmal mehr unter Beweis gestellt, dass Strafverfolgung eben nicht neutral ist, sondern vielmehr sehr wohl explizit als politisch bezeichnet werden“ müsse, sagte Künzel. In diesem Fall sei nicht nur sein Mandant kriminalisiert, „sondern alle, die in Opposition zum türkischen Regime stehen und sich für die Belange der Kurd*innen einsetzen“. Deshalb sei Solidarität mit ihnen wichtig.
Beide Verhandlungstermine – Montag, 10. August und 18. August 2020 - finden vor dem Oberlandesgericht Koblenz, jeweils um 9.30 Uhr, Sitzungssaal 10, Regierungsstraße 2 statt.