Verfahren gegen Black Mosquito eingestellt

Ein Ermittlungsverfahren gegen den anarchistischen Internetversand Black Mosquito wegen Plakaten mit der Aufschrift „Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf – Weg mit dem Verbot der PKK“ ist eingestellt worden.

Die Repression gegen die kurdische Befreiungsbewegung und die Solidaritätsbewegung in der Bundesrepublik treibt seltsame Blüten. Wie der Online-Versand Black Mosquito auf seiner Internetseite mitteilt, wurde der Vorstand im Juli 2017 vom Staatschutz Flensburg davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen den Trägerverein nach Paragraf 20 des Vereinsgesetz („Verbotene Ausländervereine“) ermittelt werde. Nach Akteneinsicht durch eine Rechtsanwältin habe sich herausgestellt, dass es bei den Ermittlungen um Aufkleber und Plakate mit der Aufschrift „Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf – Weg mit dem Verbot der PKK“ ging.

Nach anwaltlicher Aufforderung dieses Verfahren einzustellen, erhielt einer der Beschuldigten ein Angebot der Staatsanwaltschaft, das Verfahren wegen „Geringfügigkeit“ einzustellen. Dazu müsse er jedoch als inhaltlich Verantwortlicher für den Versand die entsprechenden Materialien aus dem Shop entfernen – die abgebildete Symbolik sehe der Fahne der verbotenen KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) „zumindest zum Verwechseln ähnlich“.

Nicht im luftleeren Raum

Diesen „Kriminalisierungsversuch der freien Meinungsäußerung“ sieht Black Mosquito „vor dem Hintergrund einer sich verschärften Repression gegen emanzipatorische Projekte und einem allgemeinen Rechtsruck der Gesellschaft.“

 Am 2. März 2017 habe das Bundesministerium des Inneren (BMI) die Ausweitung des PKK-Verbotes beschlossen. „Dieser Beschluss kam nur durch eine kleine Anfrage der Linken im Bundestag an die Öffentlichkeit. Laut BMI würden nun also auch Symboliken der YPG/YPJ und der PYD sowie das Porträt Abdullah Öcalans unter das Verbot der PKK fallen. Genauer aus-differenziert wurde dies nicht. Die genannten Gruppen, die absurderweise Partner*innen der USA im Kampf gegen Daesh in Syrien sind, seien nun schlicht PKK Ableger in Syrien. Damit bedient die Bundesregierung auch ganz aktuell die Propagandalügen von Erdoğan, der einen Angriffskrieg gegen das freie Afrîn vor einigen Tagen startete. Die Verbotsverfügung verbiete nun aber nicht die Organisationen selber, sondern nur deren Symbole – sollten diese „ersatzweise“ für PKK Symboliken auf pro-kurdischen Demonstrationen oder zur Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden.“

Widersprüchliche Rechtsauslegung

„Diese unklare Ausgangslage führte zu einer widersprüchlichen Rechtsauslegung – während pro-kurdische Demonstrant*innen in Frankfurt mit Erfolg einklagten, auf einer Demonstration die Symbole der YPG/YPJ zeigen zu dürfen, wurde eine kurdische Großdemonstration in Düsseldorf wegen angeblich verbotener Öcalan-Porträts massiv von der Polizei angegriffen“, so Black Mosquito weiter. Eine Bustour unter dem Motto 'Freiheit für Öcalan' mit Halt in verschiedenen Städten sei schließlich in Hannover von der Polizei angegriffen und das Porträt Öcalans gewaltsam vom Bus entfernt worden.

Weiter heißt es in der Erklärung des anarchistischen Versandhandels:

„Beim Journalisten Kerem Schamberger kam es zu einer Hausdurchsuchung wegen des Zeigens der Fahnen der YPG/YPJ im social media.“ Schamberger hatte dazu erklärt: „Hausdurchsuchungen wie heute früh dienen dazu Angst zu verbreiten. Niemand mehr soll sich trauen, über die kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten zu sprechen und ihre Kürzel YPG und YPJ in den Mund zu nehmen. Der Terrorvorwurf als Bannstrahl.“

Repressionsschraube hochgedreht

Die neuerliche massive Verfolgung der kurdischen Bewegung sei jedoch nicht isoliert zu betrachten, heißt es weiter in der Erklärung: „Auch gegen die deutsche linke und anarchistische Bewegung wird gleichzeitig die Repressionsschraube hoch gedreht. Dazu seien hier nur die irrsinnig hohen Verurteilungen nach den Protesten gegen den G20 oder das Verbot des Medienprojektes linksunten.indymedia.org zu erwähnen.“

Autoritäre Formierung!

„Dies alles geschieht innerhalb eines gesellschaftlichen Rechtsrucks, der schon vor dem Einzug der rechtspopulistischen, neofaschistischen AfD in den Bundestag begonnen hat. Mit dem Verbot kurdischer Organisationen macht sich das BMI zum verlängerten Arm Erdoğans. Mit dem Verbot von Indymedia griff Thomas de Maiziere schon einmal im Voraus AfD-Forderungen auf. Irrsinnig hohe Verurteilungen von Antifaschist*innen und G20 Gegnern, Verbote linker Medien und kurdische Symboliken stehen auf der einen Seite einem immer noch ungeklärten NSU-Komplex und der nach wie vor systematischen Verharmlosung und Verniedlichung des rechten Terrors in Deutschland auf der anderen Seite gegenüber. Gegen diese autoritäre Formierung – staatlicherseits und auf der Straße in Form von Pegida & co – gilt es entschlossenen Widerstand entgegen zu setzen. Die Überschreitung roter Linien seitens der Freunde der autoritären Gesellschaft nimmt nahezu täglich zu und wird sicherlich nicht bei den vermeidlich 'Radikalen' enden.“

Das Verfahren

„Angesichts der momentanen Lage handelt es sich bei dem Verfahren gegen Black Mosquito nur um eines unter vielen – viele hat es viel härter getroffen.

Wir haben uns entschlossen, das Angebot der Staatsanwaltschaft anzunehmen. Die Verunsicherung bezüglich der kurdischen Symboliken wird dadurch nicht beendet werden, selbst wenn wir dieses Verfahren gewinnen würden. Gerade die Unsicherheit im Umgang mit den eigenen Symbolen soll die kurdische Bewegung zermürben, verunsichern und schlussendlich mundtot machen. So kann die Repression – trotz nicht eindeutiger Rechtslage – auch ihr Ziel erreichen.“

Neue Sticker und Plakate gedruckt

„Wir sind nun gezwungen, aus dieser Praxis zu lernen und auszuweichen. Wir drucken einfach neue Sticker und Plakate – und wenn diese wieder kriminalisiert werden sollten, haben wir sie immerhin gezwungen, wieder ein Stück weit ihre Maske weiter abzureißen und ihre autoritäre Fratze zu zeigen.“