Veranstaltung: „Auf Wunsch von Erdoǧan – Der Fall Kenan Ayaz“

Unter der Überschrift „Auf Wunsch von Erdoǧan – Der Fall Kenan Ayaz“ lädt das Solidaritätskomitee Free Kenan zu einer Veranstaltung nach Hamburg ein.

Am hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg findet seit Anfang November 2023 der Prozess gegen den Kurden Kenan Ayaz (Behördenname: Ayas) statt. Der im Juni von Zypern an Deutschland ausgelieferte Aktivist und Politiker ist nach §§129a/b StGB wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung angeklagt. Er wird beschuldigt, zugunsten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Demonstrationen und Kundgebungen in Deutschland organisiert zu haben. Zuvor war Ayaz aufgrund eines vom Bundesgerichtshofs beantragten europäischen Haftbefehls im März 2023 am Flughafen Larnaka auf Zypern festgenommen worden.

Gegen seine Inhaftierung und Auslieferung an Deutschland entwickelte sich auf Zypern ein breiter Widerstand, der auch nach seiner Auslieferung weiter anhält. Das Solidaritätskomitee #FreeKenan hat zu der Veranstaltung Constantinos Efstathiou, Rechtsanwalt und sozialistisches Mitglied des zyprischen Parlaments, und den Journalisten und Mitglied der Menschenrechtsbeobachtungsstelle für den Prozess gegen Kenan Ayaz, Alekos Michaelides, eingeladen. Sie werden über den Widerstand auf Zypern gegen die Auslieferung von Kenan Ayaz und von ihrer Sicht auf das deutsche Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg berichten. Die Moderation der Veranstaltung, die am 10. Januar um 19 Uhr im Stadtteilzentrum Kölibri stattfindet, übernimmt Cansu Özdemir, Ko-Vorsitzende der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft.

In der Einladung zu der Veranstaltung schreibt das Solidaritätskomitee #FreeKenan:

Der kurdische Politiker und Aktivist Kenan Ayas befindet sich nach seiner Auslieferung aus Zypern wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK seit Anfang Juni 2023 in Untersuchungshaft in der UHA Holstenglacis. Auf der Veranstaltung berichten sein zypriotischer Verteidiger, zypriotische Abgeordnete und ein Journalist über das Verfahren, das zu einem deutsch-zypriotischen Politikum geworden ist. Sie berichten über den breiten Widerstand auf Zypern gegen die Auslieferung von Kenan Ayas und die Unterstützung für die kurdische Freiheitsbewegung sowie von ihrer Sicht auf das deutsche Strafverfahren vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht.

Kenan Ayas hatte sich nach seiner Verhaftung auf Zypern im März 2023 nachdrücklich gegen seine Auslieferung an Deutschland gewandt. Er hatte argumentiert, dass das deutsche Strafverfahren politisch motiviert sei und seine Verhaftung nur auf Betreiben der Türkei erfolge. Er und seine Anwälte wiesen darauf hin, dass der Europäische Haftbefehl gegen ihn erst kurz vor dem NATO-Gipfel in Madrid im Juni 2022 ausgestellt worden war. Auf diesem Gipfel sollten die Verhandlungen mit der Türkei über den Beitritt Schwedens und Finnlands stattfinden. Die Türkei versuchte und versucht, den NATO-Beitritt Schwedens zu verhindern, um Zugeständnisse bei der Verfolgung von Kurd:innen in Europa zu erreichen.

Wie Recht Kenan Ayas mit seiner Annahme hatte, dass seine Strafverfolgung und Festnahme im türkischen Interesse stehen, bestätigte der türkische Präsident Erdoǧan nach der Rückkehr von seinem eintägigen Deutschlandbesuch im November 2023. Laut der FAZ zeigte er sich „erfreut über den Strafprozess vor dem Hamburger Oberlandesgericht gegen einen mutmaßlichen ,Funktionär der kurdischen Terrorgruppe PKK' – also über das Verfahren gegen Kenan Ayas. Das Verfahren steht also unter direkter Beobachtung des türkischen Staatspräsidenten.

Dies ist auch nicht verwunderlich, hat doch Kenan Ayas eine lange Geschichte der in der Türkei aufgrund seiner kurdischen Identität erlittenen Repression. Er war in der Türkei bereits als 18-Jähriger aus politischen Gründen für insgesamt elf Jahre inhaftiert und schwer gefoltert worden. Nach seiner Entlassung wurde er unter anderem in dem großen KCK-Verfahren angeklagt, weshalb er aus der Türkei nach Zypern floh.

Die zypriotische Bevölkerung steht auch aufgrund ihrer eigenen Erfahrung mit den türkischen Unrechtsregimen dem kurdischen Freiheitskampf positiv gegenüber. Die deutsche Einstufung von friedlichen Handlungen eines kurdischen Aktivisten als „Terrorismus“ ist für viele nicht nachvollziehbar. Es formierte sich deshalb eine breite Bewegung auf Zypern, die sich gegen die Auslieferung von Kenan Ayas stellte und die ein großes Medienecho erfuhr. Die Parole „Bring Kenan back to Cyprus“ ist allgegenwärtig.


Die Veranstaltung zu dem Verfahren gegen Kenan Ayaz findet am 10. Januar 2024 um 19.00 Uhr im Kölibri, Hein-Köllisch-Platz 11-12, 20359 Hamburg, statt.