„Unser Sohn wurde mit türkischen Chemiewaffen getötet“

Einer der jungen Guerillakämpfer:innen, die von der türkischen Armee in Südkurdistan mit chemischen Waffen getötet wurden, war Serdem Agirî aus Qamişlo. Seine Eltern fordern eine internationale Untersuchung.

Die türkische Armee setzt bei ihrer Mitte April in Südkurdistan gestarteten Invasion Chemiewaffen in den Guerillagebieten Zap, Metîna und Avaşîn ein. Unterstützt wird sie dabei von der Partei PDK, die vom Barzanî-Clan dominiert ist. Nach Angaben der Volksverteidigungskräfte (HPG) haben die türkischen Invasionstruppen 2.476 Angriffe mit verbotenen Kampfmitteln durchgeführt. Die HPG haben vor knapp zwei Wochen die Namen von 17 Gefallenen veröffentlicht, die seit August durch Chemiewaffen getötet wurden. Einer von ihnen war Serdem Agirî, der mit bürgerlichem Namen Osman Abdî hieß und aus Qamişlo stammte. Er wuchs unter dem Eindruck der Revolution von Rojava auf und ging zur Guerilla, um bewaffnet für die Verteidigung des kurdischen Volkes zu kämpfen. In den Bergen machte er eine Ausbildung zum Scharfschützen. Sein Leben verlor er bei einem Chemiewaffenangriff in der Zap-Region im Oktober.

Das internationale Schweigen muss beendet werden“

Seine Eltern machen das internationale Schweigen zu den türkischen Kriegsverbrechen für den Tod ihres Sohnes verantwortlich. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze in den Kampfgebieten in Südkurdistan.

Hamdiye Ehmed: „Das internationale Schweigen muss beendet werden“

Serdem Agirîs Mutter Hamdiye Ehmed weist auch auf die Verantwortung der PDK hin und verurteilt die Partei für ihre Kollaboration mit dem türkischen Staat. „Alle Kurdinnen und Kurden sind Geschwister und die PDK müsste auf der Seite des kurdischen Volkes stehen. Wir müssen eine Einheit bilden, damit Kurdistan frei sein kann. Auch die PKD müsste sich hinter die Guerilla stellen. Für uns stellt sich die Frage, warum sie sich überhaupt als kurdische Partei bezeichnet. Als kurdische Partei müsste sie Kurdistan und die Interessen des kurdischen Volkes verteidigen. Die PDK begeht Verrat. Wenn sie keine Verräter wären, würden sie nicht für den türkischen Staat arbeiten“, erklärte Hamdiye Ehmed gegenüber ANF in Qamişlo. Die Völker müssten sich gegen den türkischen Staat positionieren und das internationale Schweigen müsse beendet werden, so die Mutter von Serdem Agirî.

Die PDK hat die Gasmasken beschlagnahmt“

Vater Mihemed Abdî betonte, dass der Einsatz von Chemiewaffen international verboten ist. Dass der türkische Staat verbotene Kampfstoffe nutze, sei der Beweis für seine Niederlage gegen die Guerilla: „Er kann die Guerilla trotz hochentwickelter Waffentechnologie nicht bezwingen, deshalb greift er zu chemischen Waffen.“

Mihemed Abdî

Auch Mihemed Abdî empfindet große Wut auf die PDK. Der Barzanî-Clan habe der türkischen Armee den Weg in die Guerillagebiete geöffnet und eine Lieferung von Gasmasken für die Guerilla beschlagnahmt: „Wenn die PDK kein Feind wäre, hatte sie die Masken für die Guerilla nicht geklaut. Die Guerilla fällt, weil sie keine Masken hat. Schuld daran, dass die Masken nicht bei der Guerilla angekommen sind, ist einzig und allein die PDK.“

Abdî weist darauf hin, dass bisher keine internationale Untersuchung der Chemiewaffeneinsätze im Kriegsgebiet stattgefunden habe. Eine Delegation der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW wurde von der PDK an der Weiterfahrt in die Zap-Region gehindert. Der Vater von Serdem Agirî kritisiert die internationale Ignoranz der türkischen Kriegsverbrechen und sagt: „Die Menschen auf der Welt müssten zusammen kommen und über das Thema sprechen. Die ganze Welt muss sehen, dass Chemiewaffen gegen die Guerilla eingesetzt werden. Das muss gestoppt werden.“