Türkischer Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellt

Nach der Verurteilung des Kulturförderers Osman Kavala hat das Auswärtige Amt den türkischen Botschafter einbestellt.

Wegen der Verurteilung des Philanthropen Osman Kavala zu erschwerter lebenslanger Haft ist der türkische Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt einbestellt worden. Ihm sei bei dem Gespräch am Freitag die Haltung der Bundesregierung „sehr deutlich gemacht“ worden, teilte ein Ministeriumssprecher mit.

Das „schockierende Urteil gegen Osman Kavala und auch die harten Strafen gegen seine Mitangeklagten“ seien eine „weitere schwere Belastung für die Beziehungen der EU zur Türkei wie auch für unsere bilateralen Beziehungen“, sagte der Sprecher der Behörde. Die Bundesregierung habe dem Botschafter ihre Haltung „noch einmal sehr deutlich gemacht“. Auch die anderen EU-Staaten seien aufgerufen worden, die türkischen Botschafter einzubestellen.

„Wir erwarten, dass Osman Kavala unverzüglich freigelassen wird“, hieß es weiter. „Dazu hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei verbindlich verpflichtet.“ Ein Istanbuler Gericht hatte Kavala am vergangenen Montag wegen des Vorwurfs des versuchten Staatsumsturzes zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. Sieben Mitangeklagte waren zu achtzehn Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Bundesregierung fordert Kavalas Freilassung

Osman Kavala ist seit mehr als viereinhalb Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri nahe Istanbul inhaftiert. Er war im Oktober 2017 ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, vier Jahre zuvor die Gezi-Proteste finanziert und organisiert zu haben. Im Februar 2020 sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei.

Kavala wurde damals aus der Haft entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen – diesmal im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Putschversuch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan im Jahr 2016 und wegen Spionagevorwürfen. Kavala weist die Anschuldigungen zurück.

Die Bundesregierung fordert seine sofortige Freilassung. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte das Urteil über einen Sprecher scharf als „ein verheerendes Signal für die türkische Zivilgesellschaft insgesamt und die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei“ verurteilt. Bereits im Dezember 2019 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Kavalas sofortige Freilassung gefordert.

Urteile des EGMR sind für die Türkei als Mitglied des Europarats bindend. Doch Erdoğan ist längst dazu übergegangen, die Entscheidungen des Straßburger Gerichts zu ignorieren.