Türkei: 270 Jahre Haft für zwölf HDP-Mitglieder gefordert

Im Verfahren gegen zwölf Mitglieder der HDP fordert die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Organisationspropaganda“ bis zu 270 Jahre Haft.

Im Istanbuler Justizpalast Çağlayan fand am gestrigen Mittwoch vor der 14. Strafkammer die 6. Verhandlung gegen zwölf Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) statt. Den Angeklagten wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Organisationspropaganda“ vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert bist zu 270 Jahre Haft.

Bei zwei der Angeklagten handelt es sich um den Rechtsanwalt und ehemaligen Ko-Kreisvorsitzenden der HDP in Istanbul, Doğan Erbaş, sowie den Politiker Kasım Oba. Beide wurden im Rahmen der Ermittlungen bereits im Januar 2017 festgenommen und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft.

‚Mentalität des 12. September noch immer gegenwärtig‘

Erbaş kritisierte sofort zu Beginn der Verhandlung die seit fast 21 Monaten fortgesetzte Untersuchungshaft, obwohl es hierfür keine hinreichende gesetzliche Grundlage gäbe: „Das Gericht verletzt das Recht auf ein faires Verfahren, was allerdings fast immer zutrifft, wenn es sich bei den Angeklagten um HDP-Mitglieder oder andere Oppositionelle handelt. Die Tatsache, dass wir uns seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft befinden, verdeutlicht ein weiteres Mal, dass die Mentalität des 12. September noch immer gegenwärtig ist“, sagte Erbaş in Anspielung auf den Militärputsch von 1980, der sich gestern zum 38. Mal jährte.

Politisches Verfahren

Erbaşs Verteidiger Baran Doğan sagte, dass es sich um einen politischen Prozess ohne jede rechtliche Grundlage handelt und forderte die Aufhebung der Haftbefehle und die Einstellung des Verfahrens. Daraufhin legte der Staatsanwalt seine Stellungnahme vor, die sich unter anderem auf Beiträge in den sozialen Medien stützt. Außerdem wird den Angeklagten vorgeworfen, an Protestveranstaltungen gegen die Inhaftierung von Parlamentarier*innen und Bürgermeister*innen teilgenommen und gegen die Zwangsverwaltung von DBP-Kommunen und die Schließung der Zeitung Özgür Gündem protestiert zu haben.

Der Antrag der Verteidigung auf Aufhebung der Haftbefehle wurde vom Gericht abgewiesen. Die Verhandlung wurde auf den 18. Oktober vertagt.