Kurdische und internationalistische Studierende haben im Rahmen des Aktions-Zusammenschlusses „StudentsRiseup4Rojava FFM“ in den letzten Tagen an verschiedenen Standorten der Goethe-Universität Frankfurt am Main Aktionen durchgeführt, um auf den immer noch andauernden Krieg und die Besatzung in Nord- und Ostsyrien/Rojava aufmerksam zu machen. Eine Aktivistin sagt dazu: „Der Einmarsch der Türkei liegt bereits einen Monat zurück und das Leid und die Verbrechen drohen aus der öffentlichen Wahrnehmungen zu verschwinden. Doch das werden wir nicht zu lassen. Wir werden diesen Krieg in unserem Lebensumfeld, der Universität, auf der Tagesordnung behalten.“
Am Mittwoch wurden großflächig Flyer verteilt und Studierende in der Mensa des Westend-Campus mit einer Rede über die Partnerschaften informiert. Zusätzlich klebten die teilnehmenden Aktivist*innen sich die Münder zu, als Zeichen gegen die eingeschränkte Meinungsfreiheit an den türkischen Universitäten. Die Verfolgung kritischer Studierender und Lehrender hält bereits seit einigen Jahren an und schwächt die Opposition der türkischen Bevölkerung gegen das Regime der AKP.
Am Donnerstag besuchten die aktiven Studierenden alle Mensen am Uni-Campus Riedberg, um auch an diesem Standort ihre Forderungen zu verbreiten und den Krieg ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Der Riedberg-Campus beherbergt vor allem die naturwissenschaftlichen Fakultäten und ist selten Ort politischer Auseinandersetzungen. Die Aktivist*innen sehen es als ein positives Zeichen, dass nun sogar dort Aktionen durchgeführt werden können. Im Verlauf der Rede gab es Störungen durch das Universitätspersonal, ein Mitarbeiter der Universität versuchte an die Lautsprecher-Box der Aktivist*innen zu gelangen und ein Professor forderte die Aktivist*innen auf, zu gehen. Die anwesenden Studierenden solidarisierten sich jedoch sehr stark und es gab großen Applaus.
Die Studierenden machen in ihren Reden und Flyern vor allem auf bestehende Patenschaften der Goethe-Universität mit Hochschulen in der Türkei aufmerksam, die diesen Krieg öffentlich befürworten und unterstützen. Die Goethe-Universität unterhält Partnerschaften zur Universität Ankara und zur Altinbas-Universität sowie weiteren Universitäten, welche den Angriffskrieg gegen Rojava öffentlich unterstützen. So twitterte der Präsident der Ankara-Universität:
„Als theologische Fakultät der Universität Ankara unterstützen wir die Operation Friedensquelle, die durch unsere glückliche Armee, deren Vergangenheit bis in die Anfänge der Menschheitsgeschichte reicht, gestartet wurde gegen die eingesetzten separatistischen und terroristischen Elemente im Süden der Türkei. Die Gebete Hatm-i Şerif wurden vor dem Freitagsgebet von den Studierenden unserer Fakultät zu Ehren unserer Märtyrer gesprochen. Im Angesicht der Terroristen und Kollaborateure möchten wir mit der Absicht, neben unserem heiligen Militär Haltung zu zeigen, an der vorderen Front unserer Fakultät mit einem Banner mit unserer roten Fahne, die ihre Farbe aus dem Blut der Abstammung und ihre Symbole aus unserer verwurzelten Geschichte entnimmt, die Unterstützung für diese Operation zeigen. Möge Allah unser Militär siegreich und unseren Staat ewig sein lassen. Mögen unser Schwert scharf und unsere Siege glücklich sein.”
Der Präsident der Altinbas-Universität postete auf seinem Twitter-Account ein Bild, das besagt: „Zu den Waffen, Bürger. Formiert eure Truppen. Marschieren wir, marschieren wir! Damit unreines Blut tränke unsere Furchen!” Damit legitimiert er das rassistische Weltbild, welches zur Begründung des Krieges gegen die Kurd*innen genutzt wird. Die Universitäten in der Türkei sind zum Großteil eng verbunden mit dem faschistischen Staat und wirken durch die Verbreitung von nationalistischer Ideologie an seiner Macht und seinen Verbrechen mit. Die Studierenden haben dazu ein Informationsdossier angefertigt, um ihre Kritik auch für andere nachvollziehbar zu machen. Einer der Studierenden sagt dazu: „Gerade die Universität in Frankfurt und der IG-Farben-Campus hat eine Geschichte, die eng verbunden mit dem deutschen Faschismus ist. Das führt uns zu einer Verantwortung als Studenten und Studentinnen, uns vor allem hier gegen Krieg und Völkermord zu engagieren“.
Die Studierenden fordern daher von der Universität die sofortige Beendigung der Partnerschaften mit den Hochschulen in der Türkei und das Eingehen einer Partnerschaft mit der Rojava-Universität sowie eine offizielle Erklärung der Goethe-Universität gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei und für die Anerkennung des Genozids an den Armenier*innen vor 100 Jahren. Laut einem Aktivisten sind dafür bereits weitere Aktionen in Planung, um die Forderungen deutlich zu machen.