Rheinmetall Air Defence mit Pyrotechnik angegriffen

In Zürich ist das Tochterunternehmen des deutschen Rüstungsherstellers Rheinmetall von Aktivist*innen mit Pyrotechnik angegriffen worden.

In der Nacht zum 1. Mai haben Aktivist*innen in Zürich den Hauptsitz von Rheinmetall Air Defence angegriffen. Dabei wurde der Haupteingang des Rüstungskonzerns und Tochterunternehmens des deutschen Waffenherstellers Rheinmetall, der im Züricher Quartier Oerlikon Flugabwehrkanonen baut, mit Pyrotechnik attackiert. Die Beteiligten beziehen sich in einer Erklärung zu den Hintergründen der Aktion auf drei Punkte: „Solidarität mit Rojava, nieder mit dem türkischen Faschismus! Rüstungskonzerne angreifen - Krieg dem imperialistischen Krieg! Heraus zum 1. Mai, internationaler Kampftag!“

Nachfolgend dokumentieren wir die vollständige Stellungnahme zu der Aktion:

„Der Reihe nach. Rojava, die autonome Föderation im Norden Syriens, bleibt bekämpft. Zum einen durch die verschiedenen Schläferzellen des sogenannten Islamischen Staats, welche nach jedweder Gelegenheit trachten, um die Menschen und Strukturen vor Ort anzugreifen. Tausende ehemalige IS-Kämpfer sind in Gefängnissen inhaftiert, wiederum tausende Unterstützerinnen sitzen in großen Lagern in der Region. Die Gefahr für Rojava, welche diese darstellen, ist sehr real. Der Großteil der Staaten, aus denen diese IslamistInnen nach Rojava gingen, verweigert jede Zusammenarbeit, um die Strukturen vor Ort zu entlasten.

Türkei nutzt Corona, um Krieg gegen Rojava fortzusetzen

Zum anderen durch den NATO-Staat Türkei mit seinen dschihadistischen Banden. Es ist wesentlicher Bestandteil der politisch-militärischen Strategie des herrschenden faschistischen Blocks in der Türkei, Rojava zu bekämpfen. Genau gleich wie dieser Block insgesamt all jene angreift, die mit den großottomanischen Visionen dieses Blocks - und all seinen nationalistischen, religiösen und kriegstreiberischen Elementen davon - nicht einverstanden sind. Abertausende politische Gefangene sitzen in den türkischen Gefängnissen und keine der Corona-Hafterleichterungen wird ihnen gewährt. Zugleich nutzt die Türkei die reale medizinische Bedrohung durch das Coronavirus, um ihre niederschwellige Kriegsführung gegen Rojava fortzuführen. Immer wieder gibt es militärische Auseinandersetzungen, Drohnenangriffe und Artilleriebeschuss. Die medizinische Versorgung in Rojava ist prekär, genau gleich wie die Wasserversorgung, und die Türkei tut, was sie kann, damit die Situation prekär bleibt.

Intensivierung von Guerilla-Bekämpfung

Dazu gehört weiter eine Intensivierung der Bekämpfung der Guerilla in den Kandil-Bergen in Başûr, dem Nordirak. In den vergangenen Wochen zeichnet sich eine Eskalation ab, die in einem innerkurdischen Krieg enden kann. Auf der einen Seite die revolutionären Kräfte, darunter insbesondere die PKK, auf der andere Seite die kapitalistischen Kräfte der KDP (PDK) des Barzani-Clans, die eine lange Geschichte darin haben, Hand in Hand mit sowohl der Türkei wie den USA zu wirtschaften. Maxmur, eines der zentralen Flüchtlingslager der kurdischen Bewegung im Irak, wurde mit Drohnen angegriffen. In den Tälern rund um das Kandil-Gebirge machen sich die rechten Peschmerga-Einheiten der KDP breit, um so die Bewegungsmöglichkeiten der Guerilla einzuschränken. Nachdem GenossInnen der PKK-Guerilla diese direkt aufgefordert hatten, sich aus den Selbstverteidigungsgebieten zu verziehen, wurden darauffolgend diese durch Luftschläge der Türkei getötet. Es ist naheliegend, dass die KDP-Peschmerga den Standort der PKK-Einheit verraten hat und damit ihre Ermordung überhaupt erst ermöglicht hat.

Türkei verlässt sich auf Rückendeckung des Westens

Diese Vorgänge geschehen nicht im luftleeren Raum. Die Türkei kann sich darauf verlassen, dass die kapitalistischen und imperialistischen Staaten des Westens und andere Großmächte ihr immer wieder Rückendeckung gewähren. Die gegenseitigen Abhängigkeiten sind groß und Fragen der politischen Moral sind bestimmt kein Leitmotiv kapitalistischer Realpolitik. Bei jedem größeren militärischen Angriff auf Rojava - sei es bei der Invasion Afrins oder dann beim Angriff gegen Serêkaniyê und die umliegende Region, welche beide vorläufig in großflächigen Besatzungen endeten - waren es jeweils die USA oder Russland, welche das grüne Licht zum Einmarsch gaben. Es ist weiterhin so, dass im Wesentlichen diese beiden Kräfte den Luftraum über Nordostsyrien kontrollieren. Jeder Aufklärungsflug der türkischen Luftwaffe, jeder Luftschlag von türkischen Kampfjets setzt voraus, dass diese strategischen Partner der Türkei ihnen den Luftraum öffnen. Sie sind Teil der Kriegsführung gegen Rojava, auch wenn ihr Beitrag weniger offensichtlich als derjenige der Türkei ist.

Internationale Unterstützung für türkische Rüstungsindustrie

Ein anderer Teil der internationalen Unterstützung für die Türkei ist diejenige beim Aufbau einer eigenständigen türkischen Rüstungsindustrie, deklariertes strategisches Ziel des herrschenden AKP-MHP-Blocks zur Reduktion der Abhängigkeit vom Ausland in dieser Frage, aber auch um eigenständiger regionaler Akteur zu werden. In diesem Projekt ist die Rheinmetall ein wesentlicher Bestandteil, welcher Waffen an die Türkei liefert, aber vor allem auch sich als Partner zur Verfügung stellt, um den Rüstungsaufbau im Land voranzutreiben. Sie sind etwa Lizenzgeber für die Produktion von KBA Oerlikon Kanonen bei Aselsan (drittgrößter Rüstungskonzern der Türkei), wollten sich zwischenzeitlich an der Entwicklung der Altay-Panzer beteiligen oder planten gemeinsam mit MKEK (staatlicher Rüstungskonzern der Türkei) eine joint venture.

Quelle: https://barrikade.info

Überhaupt, diese Rüstungsindustrie, die Folge und Ursache internationaler Kriegstreiberei ist, die die ganze Menschenfeindlichkeit von Kapitalismus und Imperialismus erhellt, die schonungslos offenlegt, wie Leid und Tod am einen Ort Arbeitsstellen, Profit und Steuern am anderen Ort ermöglicht. Im Zuge der Corona-Krise ist dieses Verhältnis speziell augenfällig. Während große Teile der Gesellschaft große Bemühungen unternehmen, um sich vor einem mörderischen Virus zu schützen, unternimmt die Rüstungsindustrie weiterhin große Bemühungen, damit anderorts gemordet wird. Als etwa in Italien ein Produktionsstopp zum Schutz der ArbeiterInnen gegen den maßgeblichen Industrieverband Confindustria durchgesetzt wurde, gehörte die Rüstungsindustrie zu jenen Branchen, die vom Stopp ausgeklammert wurden. Die profitable Produktion von Mordsmaschinerie geht vor!, sagen sie. Krieg dem Krieg!, sagen wir.

Gewollte Solidarität ist jene, die Kampf dem Kapitalismus zum Ziel hat

Der erste Mai steht nun vor der Tür, internationaler Kampftag des Proletariats und aller Unterdrückten. Wir wollen an dieser Stelle all jene grüßen, die sich in irgendeiner Form konkret am Kampf gegen das Bestehende beteiligen. Die Solidarität, die uns interessiert, ist jene, die den Kampf dem Kapitalismus zum Ziel hat. Es ist in und nach der Überwindung dieses Ausbeutungssystems, dass eine tatsächlich solidarische Gesellschaft möglich werden wird, in der nicht das Trennende, sondern das Verbindende im Zentrum steht. In diesem Sinne wollen wir wiederum insbesondere die GenossInnen und FreundInnen hervorheben, die in Rojava, Bakur, Başûr und Rojhilat kämpfen, die in der Türkei unter widrigsten Bedingungen dem faschistischen Feind auf verschiedensten Ebenen empfindliche Schläge versetzen wie in der Angriffsserie der HBDH - die gemeinsame Front der revolutionären Parteien - gegen Staat und Kapital.

Fight for Rojava!“