Die Ernennung eines Beraters des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zum Handelsattaché im Generalkonsulat in Frankfurt am Main erregt weiterhin die Gemüter. Ein Aktionsbündnis aus Vereinen und Organisationen mit Türkei-Bezug hat nun angekündigt, den Ex-Vizestabschef Erdoğans bei einer öffentlichen Aktion vor der türkischen Botschaft zur „Persona non Grata“ erklären zu wollen. Einen „Menschenfeind und Arbeiterfeind“ wie Yusuf Yerkel wolle man weder in Frankfurt noch sonst wo im Land haben, heißt es in einer entsprechenden Ankündigung.
Die Bilder seiner Tritte gegen einen am Boden liegenden Mann im westtürkischen Soma bei Manisa gingen um die Welt. Kurz nach dem Massaker in der Ägäisregion mit 301 toten Bergleuten im Mai 2014 besuchte der damalige Minister- und heutige Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den Unglücksort. Er wurde von demonstrierenden Bergleuten und deren Angehörigen empfangen, die auf die prekären Zustände im türkischen Bergbau aufmerksam machten. Die Sicherheitskräfte mischten sich ein, um den Protest einzudämmen. Yusuf Yerkel, Berater im Dienste Erdoğans, trat mehrmals auf einen der demonstrierenden Bergleute ein, der bereits von Sicherheitskräften auf den Boden gerissen worden war und festgehalten wurde.
„Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner der Türkei. Frankfurt ist der wichtigste Wirtschaftsstandort Deutschlands. Durch den Einsatz eines Menschenfeindes werden die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sicherlich nicht verbessert“, hält das Aktionsbündnis, dem unter anderem die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF), die Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) und das Bündnis Demokratischer Kräfte in Europa (ADGB) angehören, fest. Auch einige hessische Landtagsabgeordnete sowie Frankfurter Stadtverordnete haben den Aufruf unterzeichnet, darunter Saadet Sönmez (Die Linke), Taylan Burcu (Grüne) und Turgut Yüksel (SPD).
Yerkels neue Berufung als Handelsattaché des türkischen Generalkonsulats in Frankfurt hatte in migrantischen Communities mit Türkei-Hintergrund Fassungslosigkeit und Empörung ausgelöst. Auch in der Politik sorgt der neue Job für den Erdoğan-Berater für empörte Reaktionen. „Wer in der Türkei auf friedliche Demonstranten eintritt, kann nicht das türkische Volk in Hessen (mit)repräsentieren. Mit der Ernennung von Yerkel würden der Dialog und die Zusammenarbeit des türkischen Konsulats mit der hiesigen Bevölkerung, den Verbänden, Vereinen, Gewerkschaften, Organisationen und Unternehmen negativ beeinträchtigt werden“, erklärte Taylan Burcu, Sprecher für Integration, Migration und Flüchtlingspolitik der grünen Landtagsfraktion Hessen.
Ähnlich hatte sich auch Saadet Sönmez, integrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Hessischen Landtag, zu Wort gemeldet: „Für uns ist klar: Wer auf einen wehrlos am Boden liegenden Arbeiter eintritt, darf nicht Handelsattaché im türkischen Generalkonsulat werden. Dieser Mann kann nicht die türkische Gemeinde in Hessen vertreten. Wir hoffen, dass deutsche Stellen deutlich machen, dass Yerkel in Hessen nicht willkommen und für den Posten als Attaché im Generalkonsulat ungeeignet ist.“ Auch der SPD-Landtagsabgeordnete Turgut Yüksel findet, es sei nicht hinzunehmen, dass jemand für die Handelsbeziehungen der Türkei in Frankfurt eingesetzt wird, der „skrupellos“ auf einen Angehörigen des Grubenunglückes in Soma eingetreten hat.
„Ein Mensch, der auf einen wehrlosen Menschen eintritt, darf unseres Erachtens keinen Diplomatenstatus erhalten. Es ist inakzeptabel, einen Menschenfeind, einen Arbeiterfeind auf eine solch wichtige Position hochzuheben.
Wir wollen keinen Menschenfeind! Wir wollen keinen Arbeiterfeind! Wir wollen Yerkel nicht in unserer Stadt! Wir wollen Yerkel auch nicht in unserem Land!“, heißt es in dem Aufruf zu der Protestaktion.
Die Kundgebung findet am Freitag (14. Januar) um 13 Uhr gegenüber dem türkischen Generalkonsulat auf der Kennedyallee 115-117 in Frankfurt statt. Als Redner:innen sind Philipp Jacks vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und Zeliha Dikmen vom Türkischen Volkshaus Frankfurt e.V. im Namen des Aktionsbündnisses angekündigt.