Die kurdische Gesellschaft bezeichnet die Phase vom 9. Oktober 1998 bis zum 15. Februar 1999 als das „internationale Komplott”. Im Verlauf dieser Zeitspanne wurde Abdullah Öcalan, Vordenker und wichtigster politischer Repräsentant der Kurdinnen und Kurden, zunächst in Syrien zur persona non grata erklärt, und durchlebte anschließend eine Odyssee durch verschiedene Länder Europas, um schließlich aus der griechischen Botschaft der kenianischen Hauptstadt Nairobi verschleppt und völkerrechtswidrig an die Türkei übergeben zu werden. Anlässlich des Jahrestages des internationalen Komplotts, das heute vor genau 20 Jahren seinen Anfang nahm, hat sich der Exekutivrat der Arbeiterpartei Kurdistans (Partiya Karkerên Kurdistan, PKK) mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt. Darin wird hervorgehoben, dass in der Person des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan das gesamte kurdische Volk in Geiselhaft genommen wurde. Gegenwärtig versuche der AKP-MHP-Faschismus weiterhin, mit „barbarischen Massakern” an der Zivilbevölkerung das Komplott zu vollenden. Den Diktatoren werde es jedoch nicht gelingen, gegen den Aufstand und Widerstand der Kurdinnen und Kurden anzukommen. „Das Ende ist nah. Die Faschisten werden in dem Blut ertrinken, das sie vergießen”, so die PKK.
Kurdische Bevölkerung wird unterdrückt und isoliert
Am 1. September 1998, zum Weltfriedenstag, hatte Abdullah Öcalan einen umfassenden Waffenstillstand ausgerufen, um die kurdische Frage in einem friedlichen und politisch-demokratischen Rahmen zu lösen. Auf die Friedensbekundungen Öcalans antwortete die türkische Regierung mit einem angedrohten Einmarsch in Syrien, wo die PKK damals ihr Hauptquartier hatte. Um der Drohung Nachdruck zu verleihen, fuhren an der syrischen Grenze binnen kürzester Zeit Zehntausende türkische Soldaten mit Panzern auf.
Die Entführung Öcalans war das Ergebnis einer Operation, an der verschiedene internationale, regionale und lokal agierende, reaktionäre Mächte beteiligt waren. Die geographische Lage Kurdistans stellte sowohl in der Regional- als auch in der Weltpolitik schon immer einen wichtigen Faktor dar. Das internationale Komplott und somit der ultimative Angriff auf das kurdische Volk begann mit der Ausreise Öcalans aus Syrien am 9. Oktober 1998.
„Die USA, Großbritannien und Israel, Wegbereiter des globalen Systems der kapitalistischen Moderne und Koordinatoren dieses faschistisch-rassenfanatischen Angriffs, der jeglicher moralischer und rechtlicher Grundlage entbehrte und seit bereits 20 Jahren andauert, mobilisierten für ihre Absichten alle reaktionären Kräfte. Der kurdische Volksrepräsentant Abdullah Öcalan befindet sich seit zwei Jahrzehnten in Geiselhaft auf der Gefängnisinsel Imralı. Dem System von Repression, Folter und Isolation wird er somit seit bereits 20 Jahren ausgesetzt. Doch eigentlich ist es das gesamte kurdische Volk, sind es die Frauen und Jugendlichen, die Völker des Mittleren Ostens und all die freien Menschen, die sich in der Person Öcalans in Geiselhaft befinden. Auf dem auf Imralı Anwendung findenden Prinzip der Unterdrückung versuchen die kapitalistische Moderne, regionale faschistische Kräfte sowie ihre verräterischen Handlanger, sich an den freiheitlichen Kräften zu rächen. Aber auch nach 20 Jahren trägt die Angriffsstrategie all der Kräfte, die sich vor der Existenz des kurdischen Volkes und jener fürchten, die politisch-demokratische Friedensbemühungen zur Lösung der kurdischen Frage zeigen, keine Früchte. Die Bevölkerung Kurdistans sieht ihre Existenz und Freiheit in der Befreiung aller Völker und der Demokratisierung der gesamten Region. Dem kurdischen Volk ist es in den vergangenen 20 Jahren gelungen, durch Kampf und Widerstand das internationale Komplott in seinen Grundfesten zu erschüttern und die Hoffnung auf Frieden noch weiter zu stärken.
AKP-MHP-Faschismus in seinen letzten Zügen
Gegenwärtig versucht der kolonialistische türkische Staat und seine faschistische AKP-MHP-Regierung mit brutalen Massakern das zu schaffen, was ihnen infolge des internationalen Komplotts missglückt ist. Die Errungenschaften des kurdischen Befreiungskampfes in Bakur, Rojava und Başûr versetzen die Regierung in Aufruhr und sollen mit rassenfanatischen Angriffen zunichte gemacht werden. Dass genozidale Angriffe durch den türkischen Staat gegen Kurdinnen und Kurden Anwendung finden, kennen wir aus Cizîr und Sûr, Efrîn, Minbic, Dêrik und ganz Rojava. Das tödliche Attentat auf unseren Genossen Zekî Şengalî in Südkurdistan zeigt das Ausmaß dieser Angriffe, die eine aktualisierte Form des mörderischen Erbes der Ittihadisten [Mitglieder des Komitees für Einheit und Fortschritt (İttiḥâd ve Teraḳḳî Cemiyeti), politische Organisation im Osmanischen Reich] darstellen.
Guerilla vereitelt alle Angriffe
Heute vergeht kaum ein Tag, an dem der AKP-MHP-Faschismus mithilfe der internationalen Mächte keine Angriffe mittels hochentwickelter Waffentechnologie durchführt. Doch der heldenmütige Widerstand der Freiheitsguerilla Kurdistans vereitelt alle Angriffe und besteht auf die Freiheit Abdullah Öcalans. Die Guerilla rechnet mit der Unterdrückung auf Imralı und in Kurdistan ab und rächt die an unserem Volk verübten Massaker. Damit beweist sie einmal mehr: Koste es, was es wolle, auf einen freien Vorsitzenden, ein freies Land, ein freies Volk und ein freies Leben werden wir um keinen Preis verzichten. Dass die Angriffe der kolonialistisch-rassenfanatischen Angriffe dem AKP-MHP-Faschismus keine Ergebnisse einbringen werden, zeigt die Vergeltungsaktion von Êlih, die eine entsprechende Antwort auf das internationale Komplott darstellt und verdeutlicht, dass die Möglichkeit eines Sieges in naher Zukunft liegt.
Historischer Widerstand auf Imralı
Zweifellos ist der Widerstand Abdullah Öcalans, den er seit dem ersten Tag seiner Festnahme gegen seine Bedingungen auf der Gefängnisinsel Imralı leistet, der ehrenwerteste und bedeutungsvollste Widerstand, den die Geschichte jemals erlebt hat. Diese Tatsache kann nicht geleugnet werden. Sein Kampf erleuchtet den Weg des kurdischen Volkes und aller Völker in der gesamten Region. Die anhaltende Isolation richtet sich somit gegen all jene, die auf der Suche nach Freiheit Widerstand leisten.
Unter den extremen Bedingungen der Isolation hat der Vorsitzende Apo auf das Komplott mit dem Modell eines neuen und alternativen Lebensverständnisses – freies Leben und freie Gesellschaft – geantwortet. Die Verteidigung der demokratischen Zivilisation, wie sie von unserem Vorsitzenden formuliert wurde, stellt eine Verteidigung im Namen der Kurden, der Frauen und aller unterdrückten Völker dar. Das demokratisch-ökologische und geschlechterbefreiende Paradigma verändert das Schicksal der Unterdrückten im 21. Jahrhundert von Tag zu Tag. So gesehen haben das Komplott und die Zeit der Isolation unseres Vorsitzenden nicht im Sinne derjenigen gewirkt, die hierfür verantwortlich sind. Im Gegenteil, in dieser Zeit haben sich im Sinne der Menschheit die Ideen einer demokratischen und freien Gesellschaft herausgebildet und konkretisiert. Diese Ideen unseres Vorsitzenden werden heute überall dort, wo Kurden leben, als demokratisches Gesellschaftsmodell in die Realität umgesetzt. Sie stellen die Grundlage für ein neues Lebens- und Widerstandsverständnis dar. Solange die Kräfte der kapitalistischen Moderne und Organisationen wie das europäische Antifolterkomitee (CPT) und der Internationale Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angesichts der Folter und Isolation auf Imralı weiter an ihre schweigenden Haltung festhalten, liegt diesem Verhalten die Nichtakzeptanz des Paradigmas der demokratischen Zivilisation zugrunde.
Sie werden in dem Blut ertrinken, das sie vergießen
So wie es den Tyrannen zu keiner Zeit und keiner Epoche in der Geschichte gelang, sich vor ihrem Untergang zu bewahren, wird auch die faschistisch-rassenfanatische Erdoğan-Bahçeli-Diktatur in dem Blut ertrinken, das sie vergießt. Von der Entschlossenheit unseres Volkes, Rechenschaft für die Gräueltaten und Massaker einzufordern, wird sich diese Diktatur nicht losreißen können. Der tapfere Widerstand der Freiheitsguerilla Kurdistans hat den AKP-MHP-Faschismus schon jetzt in eine tiefe Krise geführt. Der Zusammenbruch der Kolonialisten ist nah, der Sieg gehört uns.
Als Bewegung und als Volk treten wir dem internationalen Komplott in unserem Kampf noch entschlossener und organisierter entgegen. Wir sind fest davon überzeugt, dass unsere Haltung und unser Widerstand die Pläne der Herrschenden vereiteln werden. In diesem Sinne gedenken wir mit tiefem Respekt all den Gefallenen, denen wir zu großem Dank verpflichtet sind. Unser Volk und unsere Freunde und Genossen, insbesondere die Frauen und die Jugend, rufen wir auf, an den Protesten gegen das internationale Komplott teilzunehmen und eine Kampagne für die Phase bis zum 15. Februar einzuleiten. Der Kampf gegen die Beteiligten muss organisierter anwachsen, damit dieses Jahr das Jahr des Sieges über das internationale Komplott wird.“