Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat die Anklage gegen eine Deutsche wegen ihrer mutmaßlichen Mitgliedschaft in der Terrorvereinigung „Islamischer Staat“ (IS) zugelassen. Das Hauptverfahren gegen Laura H. sei Ende der vergangenen Woche eröffnet worden, teilte das Gericht am Freitag mit. Der Prozess gegen die Gießenerin wird vor dem Staatsschutzsenat geführt, Ankläger ist die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.
Laura H. war nach Angaben des Generalbundesanwalts mit ihren 2012 und 2013 geborenen Söhnen im Frühjahr 2016 ihrem Ehemann, einem IS-Söldner, nach Syrien gefolgt und lebte einige Zeit im selbsternannten Kalifat der Dschihadistenmiliz. Dort habe sie sich der Organisations- und Befehlsstruktur des IS unterworfen und mit der Familie in einer teilweise von der Vereinigung finanzierten Wohnung gewohnt. Durch die Führung des Haushalts habe sie ihrem 2014 nach Syrien ausgereisten Mann ermöglicht, für den IS zu arbeiten.
Außerdem soll H. eng in einen Transfer von etwa 27.000 Euro von Deutschland in das IS-Gebiet eingebunden gewesen sein. Darüber hinaus habe sie einen Kurs der Glaubenslehre („Aqida“) des IS besucht, an einer Informationsveranstaltung der Terrororganisation teilgenommen und nach den Vorgaben der Miliz nahezu täglich selbst hergestellte Kuchen und Desserts in einem Supermarkt und anderen Geschäften verkauft.
Im April 2017 sei die Familie dann vor näher rückenden Angriffen geflohen, wobei der Mann bei einem Bombenangriff getötet wurde. Die Kinder überlebten „nur durch einen Zufall unverletzt“, heißt es. H. sei daraufhin in ein Witwenhaus des IS gezogen und habe später im Osten von Syrien noch einmal einen IS-Söldner geheiratet. Diesem habe sie ebenfalls den Haushalt geführt und Snacks auf vom IS betriebenen Märkten verkauft.
Weiterer Vorwurf: Verletzung der Fürsorgepflicht
Gegenstand der Anklage gegen Laura H. ist auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber ihren Söhnen, weil sie diese in Kenntnis des dort herrschenden Bürgerkrieges nach Syrien gebracht habe. Die Kinder seien deshalb den mit einem Krieg einhergehenden Gefahren ausgesetzt gewesen, insbesondere Bombardierungen. Die Tötung ihres Vaters hätten die Kinder unmittelbar miterlebt, heißt es weiter.
Von QSD festgesetzt und in Camp Hol interniert
Laura H. war Ende 2018 von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) im Zuge der Befreiungsoffensive „Gewittersturm Cizîrê“ festgenommen und sodann in das von der Autonomieverwaltung (AANES) geführte Internierungslager Al-Hol in der Nähe von Hesekê gebracht worden. Rund ein Jahr später wurde sie im November 2019 mit ihren Kindern bei einer vom Auswärtigen Amt organisierten und koordinierten Rückholaktion nach Deutschland zurückgebracht. Sie ist die erste erwachsene deutsche IS-Anhängerin, die nach ihrer freiwilligen Ausreise ins Kalifat mit Hilfe der Bundesregierung zurückgeholt wurde. In Untersuchungshaft wurde sie aber nicht genommen.