Newroz in Zeiten von Corona

Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie sehen die Newroz-Feierlichkeiten dieses Jahr anders aus. Das Neujahrsfest wird nicht wie üblich mit Massen auf den Plätzen gefeiert, sondern im kleinen Kreis.

Das kurdische Neujahrsfest Newroz wird am 21. März gefeiert. Wörtlich heißt es „Neuer Tag“. Dieses Fest wird nicht nur in Kurdistan gefeiert: auch die iranischen Völker begehen mit Newroz den Frühlingsanfang und bringen ihre Hoffnungen auf einen Neuanfang zum Ausdruck.

Doch Newroz ist viel mehr als das. Es ist ein Symbol des Widerstands. Die Legende erzählt, dass im Land der Kurden Dehak regierte, ein brutaler und tyrannischer Herrscher, der die Menschen versklavte und den Frühling verbot. In seinem Reich lebte auch ein Schmied namens Kawa.

Qamişlo, Nordostsyrien

Eines Tages wuchsen Dehak zwei Schlangen aus seinen Schultern. Er bekam den Rat eines Weisen, der ihm sagte, er solle diese Schlangen mit den Gehirnen zweier kurdischer Knaben füttern, deren Verzehr die Schlangen vielleicht besänftigen würde. Dehak ließ daraufhin jeden Tag zwei Jungen aufs Schloss bringen und von seinen Köchen töten, die aus den Gehirnen ein Mahl für die Schlangen zubereiteten.

Flüchtlingslager Mexmûr, Südkurdistan

Armayel und Garmayel wollten dem Treiben des Tyrannen Dehak ein Ende setzen. Als Köche gelangen sie ins Schloss und töteten fortan nur noch einen der beiden Jungen. Dem anderen verhalfen sie heimlich zur Flucht. Kawa, der Schmied, der unter dem Volk als kluger und mutiger Mann galt, bildete die Entkommenen zu Kriegern aus. Als die Streitmacht groß genug war, marschierte sie unter der Führung des Schmieds zum Palast. Es war ein 20. März, als Kawa den König mit seinem Schmiedehammer erschlug. Dann entzündete er ein Feuer auf dem Gipfel des höchsten Berges, als Zeichnen für alle zum Kampf bereiten Kurden, den Palast zu stürmen. Dies war das erste Mal, dass die Kurden sich von einem Unterdrücker befreien konnten. Und am nächsten Tag zog der Frühling wieder ins Land.

Silêmanî, Südkurdistan

Da der Held Kawa das Feuer zum Schmieden des Eisens brauchte, ist das Feuer zu einem wichtigen Symbol des Neujahrsfestes geworden. Das Feuer spielt beim kurdischen Volk eine große Rolle, da es das Verlangen nach Freiheit bezeugt. So werden jedes Jahr Feuer entzündet, um die Sehnsucht und den Widerstand des kurdischen Volkes zu verkörpern.

Elegez (Alagyaz), ezidisches Dorf in Aragazotn/Armenien

Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie sehen die Newroz-Feierlichkeiten dieses Jahr anders aus. Das Neujahrsfest wird nicht wie üblich mit Massen auf den Plätzen gefeiert. Stattdessen entzünden die Menschen in Kurdistan, Nord- und Ostsyrien und allen anderen von Kurden bewohnten Flecken der Welt ihr Feuer, springen drüber und gehen dann wieder nach Hause, um im kleinsten Kreis das Neujahrsfest zu begehen. Da im nordostsyrischen Autonomiegebiet die Reisefreiheit seit Samstagfrüh außer Kraft ist, wurden die Feuer in Rojava am Freitagabend entzündet.

Amed (Diyarbakir), Nordkurdistan