Aus Anlass des seit 30 Jahren bestehenden PKK-Betätigungsverbotes in Deutschland hat der Rechtshilfefonds AZADÎ zusammen mit dem Verein für Demokratie und internationales Recht (MAF-DAD) und mit Unterstützung der Roten Hilfe erneut eine Broschüre erstellt. Dieses Verbot präge bis heute nicht nur die deutsch-türkischen Beziehungen, sondern schränke auch die politischen Freiheiten und demokratischen Grundrechte von geschätzt einer Millionen Kurd:innen in Deutschland erheblich ein, heißt es in einer Mitteilung zu der Veröffentlichung.
Bei nahezu jeder Veranstaltung zum Thema Kurdistan – sei sie kultureller oder politischer Natur – würden die Behörden einen „PKK-Bezug“ wittern, kritisiert AZADÎ. Legale politische Aktivitäten von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft wie die Teilnahme an Demonstrationen und Veranstaltungen könnten zu Strafverfahren nach dem Vereinsgesetz sowie zum Entzug der Aufenthaltsberechtigung in Deutschland führen, betont der Rechtshilfefonds außerdem – und weist darauf hin: Angebliche Funktionstragende, die einer PKK-Mitgliedschaft bezichtigt werden, sehen sich „Terrorismus“-Verfahren nach §§ 129a und b Strafgesetzbuch und teils langen Haftstrafen ausgesetzt.
„Erneut nehmen wir deshalb die vergangenen fünf Jahre in den Fokus und wollen nachvollziehbar machen, welche Ereignisse zu den heutigen Verhältnissen geführt haben“, erklärt AZADÎ. Weil in dieser Frage nichts isoliert betrachtet werden könne und sie eine internationale Dimension habe, befasst sich der erste Beitrag ausführlich mit dem „geopolitischen Schlingerkurs“ der Türkei in den vergangenen Jahren. Im Weiteren setzt sich der Publizist und Jurist Dr. Rolf Gössner in seinem „Plädoyer für einen radikalen Wandel der europäischen und deutschen Türkei- und Kurdenpolitik“ mit der Ausgrenzung von Kurd:innen, ihren Organisationen und Medien auseinander. Dr. Lukas Theune, Rechtsanwalt in Berlin, erklärt die Hinter- und Beweggründe der juristischen Anfechtung des Verbots durch die PKK.
Zentraler Teil der rund 100 Seiten umfassenden Broschüre bildet die Chronologie der Ereignisse von August 2018 bis Juni 2023 und setzt damit die Chronologie der Broschüre zum 25. Jahrestag des Verbots fort. Die Broschüre ist kostenlos und kann – gerne gegen eine Spende – direkt bei AZADÎ über [email protected] oder www.nadir.org/azadi bezogen werden.
Ein deutsches Demokratiedefizit: Repression gegen kurdische Bewegung
Aus dem gleichen Anlass ist am 30. Oktober 2023 im Westend Verlag das Buch „Geflohen.Verboten.Ausgeschlossen – Wie die kurdische Diaspora in Deutschland mundtot gemacht wird“ erschienen. Alexander Glasner-Hummel, Monika Morres und Kerem Schamberger haben für eine breite Öffentlichkeit in 15 Kapiteln alle Facetten der systematischen staatlichen Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung aufbereitet. Die Gespräche der Autorin und Autoren mit Betroffenen sollen den Leser:innen einen Eindruck davon vermitteln, was es heißt, als Kurd:in dem Stigma des „Terrorismus“ ausgesetzt zu sein und was die Basis dieser jahrzehntelangen Repression bildet. Aufgezeigt wird in dem Buch aber auch, dass die kurdische Community der mannigfaltigen Zumutungen zum Trotz widerständig ist und ihre politischen Ziele nicht aus den Augen lässt.
Das Vorwort hat Stephan Lessenich, Direktor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt am Main verfasst; abgeschlossen wird der Band mit den (Nach)Worten von Duran Kalkan, Mitglied des Exekutivkomitees der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK).
Geflohen.Verboten.Ausgeschlossen –
Wie die kurdische Diaspora in Deutschland mundtot gemacht wird
Westend Verlag, Frankfurt/Main
206 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-86489-416-9