Kriegsgegner und Antifaschist Martin Löwenberg ist gestorben

Der Antifaschist und ehemalige KZ-Häftling Martin Löwenberg ist einige Wochen vor seinem 93. Geburtstag am Ostermontag verstorben.

Martin Löwenberg ist tot. Einige Wochen vor seinem 93. Geburtstag ist der 1925 in Breslau geborene Widerstandskämpfer am Ostermontag für immer eingeschlafen. An den bedeutenden Antifaschisten, Internationalisten, Genossen und Kriegsgegner wird in Texten und Bildern erinnert: http://hinter-den-schlagzeilen.de/in-bewegung-bleiben

In Erinnerung an Martin Löwenberg wollen wir diesen bedeutenden Antifaschisten, Widerstandskämpfer, Internationalisten, Kriegsgegner und Freund der kurdischen Bewegung noch einmal selbst zu Wort kommen lassen. Das folgende Statement hat er für die Antikriegsdemo am 1. September 2011 in München im Rahmen des 2. Aktionstages der Kampagne „Tatort Kurdistan“ geschrieben und zur Unterstützung der Menschenrechtsdelegation zur Aufklärung von Kriegsverbrechen der türkischen Armee und der Ermordung von Andrea Wolf/Ronahi vom 14. bis 25. September 2011 nach Wan und Çatak in Kurdistan:

„Als frühere KZ-Häftlinge – ob Sozialisten, Kommunisten, bürgerliche Humanisten oder christliche Pazifisten – haben wir uns bei unserer Befreiung aus den NS-Konzentrationslagern geschworen, dass von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen darf: Wir haben den Geist der Bewegung gegen die geplante Remilitarisierung Anfang der 1950er Jahre geprägt mit unserer Losung „Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg!“.

Heute am internationalen Antikriegstag, 72 Jahre nach dem Beginn des deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieges, bei dem rund 60 Millionen Zivilisten und Soldaten getötet wurden, davon allein rund 23 Millionen SowjetbürgerInnen sowie Millionen JüdInnen und Roma und Sinti in den Gaskammern und Konzentrationslagern, müssen wir leider feststellen, dass die deutsche Bundeswehr wieder weltweit im Kriegseinsatz ist.

Seit 1945 kämpfe ich gegen diesen verfluchten deutschen Militarismus, der so viel Leid und Tod für Millionen Menschen gebracht hat. Denn ohne die deutsche Wehrmacht und ihren Vernichtungskrieg in Osteuropa hätte es keinen Holocaust gegeben. Zu diesem Kampf gehört immer auch die Kritik und letztlich die Abschaffung der Produktion und des Handels mit deutschen Kriegsgerät, mit denen Konzerne wie Siemens, ThyssenKrupp, Rheinmetall, Krauss-Maffei-Wegmann (KMW), Diehl, MAN, Mercedes Benz, EADS oder Heckler & Koch teilweise bereits im 1. und 2. Weltkrieg und leider in den letzten Jahren erneut Milliarden-Profite erzielt haben. Für diese Profite müssen heute wieder Millionen Menschen weltweit unter Krieg, Folter und Unterdrückung leiden.

Kurz vor unserer Demonstration im Gedenken an die Münchner Räterevolution am 7. November 1998 auf der Theresienwiese, von der an diesem Tag 80 Jahre zuvor KriegsgegnerInnen, FeministInnen und Revolutionäre aufbrachen, um die Akten von politisch Verfolgten im Hof des Polizeipräsidiums zu verbrennen, sich die Waffen aus den Kasernen des deutschen Militarismus anzueignen und die Gefangenen zu befreien, erreichte uns die traurige Nachricht, dass die 33-jährige Münchner Internationalistin Andrea Wolf von türkischen Soldaten in den kurdischen Bergen in der Region Van als unbewaffnete Gefangene gefoltert und anschließend extralegal hingerichtet worden ist.

Selbstverständlich haben wir sofort beschlossen, dass auf der Kundgebung und Demonstration, auf der unter anderem auch an viele Ermordete der Münchner Rätezeit erinnert wurde, wie Kurt Eisner, Gustav Landauer oder Eugen Leviné, eine Rede in Erinnerung an das Leben und den Kampf von Andrea Wolf gehalten wird. Die zentrale Forderung lautete damals wie heute: Wir werden keine Ruhe geben, bis die Täter und Kriegsverbrecher zur Verantwortung gezogen werden – ob in Deutschland, in der Türkei oder einem anderen Ort der Welt, an dem die Menschenrechte von freiheitsliebenden Menschen und ihr Leben durch staatliche Folter, Repression, Verfolgung und Massaker vernichtet werden soll. Ich selbst habe Andrea noch in den 1980er Jahren in München bei Antikriegsaktionen und ab 1985 in Wackersdorf und ab 1986 am Zaun bei den Kämpfen gegen die geplante atomare Wiederaufbereitungsanlage WAA persönlich kennen gelernt.

In den 90er Jahren haben viele von uns, leider erfolglos, gegen das drohende Verbot der kurdischen Befreiungsbewegung PKK hier in Deutschland demonstriert. Bis heute werden wegen dieses Verbotes besonders junge Menschen oft für Jahre in Gefängnisse eingesperrt. Dazu gilt es nur eines zu sagen: Die deutschen Behörden sollten lieber bei der Aufklärung von Massakern von türkischen Soldaten helfen anstatt kurdische Menschen mit staatlichen Repressionsmaßnahmen zu verfolgen und durch Untätigkeit die Mörder von Andrea Wolf bis heute gemeinsam mit den türkischen Behörden zu schützen.

Heute gilt es angesichts von Hunger, Ausbeutung, Rassismus und einem global immer zerstörerischer entfesselten Kapitalismus, der das Leben auf diesem Planeten auch durch seine menschenverachtenden Technologien wie die Atomkraft zu vernichten droht wie kürzlich in Japan, wo große Zonen für immer unbewohnbar sein werden, gilt es heute mehr denn je für eine sozial gerechtere Welt zu kämpfen.

Wer Frieden will, muss den Feinden von Demokratie und Freiheit entschieden entgegentreten. In diesem Sinne wünsche ich der Delegation in Kurdistan viel Erfolg bei ihrem langen Bemühen um Gerechtigkeit. Hoch die internationale Solidarität: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“