KON-MED: Türkischer Staatsterror muss benannt werden

Der Dachverband KON-MED kritisiert die Ignoranz deutscher Medien angesichts des türkischen Staatsterrors gegen Nord- und Ostsyrien. Die deutsche Presse sollte sich in der Pflicht sehen, gerade bei einem engen Verbündeten Berlins genauer hinzuschauen.

Der kurdische Dachverband KON-MED kritisiert die Ignoranz deutscher Medien gegenüber des Staatsterrors der Türkei in den Autonomiegebieten von Nord- und Ostsyrien. Es sei ein „Skandal“, dass außerhalb der kurdischsprachigen Presse faktisch nirgends über die Angriffe des türkischen Staates gegen die nordostsyrischen Selbstverwaltungsgebiete berichtet wird, erklärte die Organisation am Samstag in einer Mitteilung.

Ob Berichte der kurdischen Medien oder offizieller Stellen in Rojava, aber auch Beiträge verschiedenster Personen und Kreise in digitalen Netzwerken zeigten ein klares Bild: „Diese Angriffe durch die Türkei finden täglich statt. Der türkische Staat beschießt Militärstellungen und zivile Einrichtungen gleichermaßen. Ob Krankenpfleger:in, Schüler:in, YPG/YPJ-Kämpfer:in oder Bäuer:in in einer Kooperative: Niemand ist vor Erdğans Drohnen sicher; alle werden mit dem Vorwurf des Terrorismus belegt und für vogelfrei erklärt. Die Türkei verfolgt dabei eine Agenda, die darauf abzielt, nur eine türkisch-islamische Identität zuzulassen. Und auch innerhalb dieser Identität wird nur Männern die volle Teilhabe an der Gesellschaft zugestanden“, so KON-MED.

„Die deutsche Presse sollte sich daher in der Pflicht sehen, bei einem der engsten Verbündeten Deutschlands genauer hinzuschauen und kritisch zu berichten“, fordert der Dachverband. Ebenso wie die deutsche Politik, die verkündete „wertegeleitete Außenpolitik“ betreiben zu wollen, sich dazu verpflichtet fühlen müsste, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die demokratischen Kräfte in der Region zu unterstützen und den „Bombenterror der Türkei“ zu beenden. „Wir verlangen, dass der türkische Staatsterror als solcher benannt wird“, fordert die Organisation.

Schon seit Jahren erfolgen im Rahmen eines wie nach den Lehrbüchern der NATO-Aufstandsbekämpfung geführten „Krieges niedriger Intensität” türkische Artillerie- und Drohnenangriffe gegen Wohngebiete sowie zivile und militärische Infrastruktur in Nord- und Ostsyrien – parallel zu mehreren Angriffskriegen in den Jahren 2016, 2018 und 2019. Im Windschatten der russischen Invasion in der Ukraine hat die Türkei diese völkerrechtswidrigen Militäraktionen nochmals verstärkt. Allein seit Anfang dieses Jahres ist die Region 3763-mal von Ankara angegriffen worden. Dabei kamen 33 Menschen ums Leben, 124 Personen wurden verletzt.

Mit den Drohungen der türkischen Führung, einen neuerlichen Angriffskrieg gegen Nord- und Ostsyrien zu führen, wurde die Intensität dieser Angriffe stark erhöht. Für eine weitere Invasion fehlt bislang grünes Licht von den USA und Russlands – die Türkei ist trotz ihrer militärischen Stärke eine Regionalmacht und muss ihr Handeln mit den Großmächten abstimmen. Das bedeutet aber nicht, dass der türkische Staatsterror ausgesetzt ist, nur weil zurzeit keine Bodeninvasion stattfindet. Ganz im Gegenteil, betont KON-MED mit Blick auf den zunehmenden Einsatz bewaffneter Drohnen und die Anzahl der Artillerieangriffe durch die Türkei. Durch gezielte Drohnenschläge sind allein seit Anfang Juli 15 Menschen ermordet worden. Weitere Todesopfer gab es durch Artilleriebeschuss. Die Zahl an Verletzten steigt ebenfalls nahezu täglich und nähert sich bald der 100 an.

„Die getöteten Zivilist:innen sind keine Kollateralschäden. Die Strategie des türkischen Staates ist es, Menschen zu vertreiben und den Versuch, eine demokratische Zivilgesellschaft zu organisieren, sowohl im inneren als auch jenseits der Grenzen zu bestrafen“, erklärt KON-MED. „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ sei ein deutscher Ausdruck, der eine Unverhältnismäßigkeit zum Ausdruck bringen möchte – „in Kurdistan werden Schafherden im wahrsten Sinne des Wortes von der türkischen Luftwaffe bombardiert. Artilleriebeschuss auf Dörfer in Rojava sind ein weiteres Puzzleteil der großen Terrorkampagne der Türkei gegen die Kurd:innen“, so KON-MED.