„Kenan Ayaz könnte längst in Freiheit sein“

In Hamburg hat eine Veranstaltung zum Internationalen Tag der politischen Gefangenen am 18. März mit Rechtsanwältin Antonia von der Behrens und dem Solikomitee #FreeKenan stattgefunden.

Veranstaltung zum 18. März in Hamburg

Im Centro Sociale in Hamburg hat am Dienstag eine Veranstaltung zum Internationalen Tag der politischen Gefangenen am 18. März mit Rechtsanwältin Antonia von der Behrens und Anja Flach vom Solikomitee #FreeKenan stattgefunden. Das Solikomitee wurde von Einzelpersonen und mehreren Organisationen nach der Verhaftung des kurdischen Aktivisten Kenan Ayaz im März 2023 auf Zypern und seiner späteren Auslieferung nach Deutschland gegründet. Kenan Ayaz ist am 2. September 2024 vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Anja Flach erläuterte zu Beginn der Veranstaltung die aktuelle Situation in Kurdistan, Syrien und der Türkei und ging dabei insbesondere auf den Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft von Abdullah Öcalan ein. Die Initiative des PKK-Begründers für eine politische Lösung der kurdischen Frage sei weltweit begrüßt worden, unter anderem das Auswärtige Amt habe umgehend Unterstützung zugesichert. Dennoch gehe die Repression gegen die kurdische Freiheitsbewegung in Deutschland ungemindert weiter, sagte Anja Flach. Aktuell befinden sich 16 Kurd:innen wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der PKK in deutschen Gefängnissen.

Antonia von der Behrens sagte in ihrem Vortrag, dass Kenan Ayaz längst in Freiheit sein könnte, wenn er Reue bekundet und nicht an seiner politischen Identität festgehalten hätte. Der kurdische Aktivist befindet sich nach wie vor in Hamburg in Untersuchungshaft, weil er gegen das Urteil Revision eingelegt hat. Von Anfang an hatte Kenan Ayaz argumentiert, dass der Haftbefehl gegen ihn nur deshalb vorlag, weil die Türkei eine stärke Verfolgung von Kurd:innen in Europa im Zuge des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland verlangt hat. Der Prozess gegen ihn zog sich fast ein Jahr hin, es gab 40 Verhandlungstage. Kenan Ayaz verteidigte sich bis zum Schluss gegen die politisch motivierten Vorwürfe und zeigte immer wieder auf, dass diese willkürlich konstruiert waren und ihn als kurdischen Intellektuellen trafen. Wie seine Verteidigerin Antonia von der Behrens sagte, war die verhältnismäßig hohe Freiheitsstrafe eine Antwort auf seine Art der Verteidigung. Auch nach der Verurteilung habe ihr Mandant seinen Widerstandswillen gezeigt. Er könne längst zurück in Zypern sein, hätte er sich nicht entschieden, dieses politische Urteil nicht zu akzeptieren und es anzufechten. In seiner Revision habe er dargelegt, dass im Verfahren die Öffentlichkeit immer wieder rechtswidrig eingeschränkt wurde und er auf einer viel zu dünnen Beweisgrundlage verurteilt wurde.

Das Verfahren gegen Kenan Ayaz und sein Widerstand sind typisch für die Strafverfolgung der deutschen Justizbehörden gegen politisch aktive Kurd:innen. Seit im Jahr 2013 der erste Kurde nach §129b StGB, also wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, ebenfalls in Hamburg verurteilt worden ist, gab es ca. 60 solcher Verfahren. Seit ungefähr drei Jahren wird diese Art der Strafverfolgung intensiv auch auf das europäische Ausland ausgedehnt. Mehrfach im Jahr werden Aktivist:innen der Bewegung aufgrund deutscher Auslieferungsgesuchen im europäischen Ausland festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert.