Die kurz vor Weihnachten von der Bundesregierung aus einem Internierungslager im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien nach Deutschland zurückgeholte IS-Rückkehrerin Leonora Messing ist freigelassen worden. Bei einem Haftprüfungstermin am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wurde der Haftbefehl gegen die 21-Jährige aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt am Freitag außer Vollzug gesetzt.
Wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft Markus Schmitt mitteilte, wurde die Untersuchungshaft gegen Messing unter Auflagen aufgehoben. So müsse sich die Deutsche unter anderem regelmäßig bei den Behörden melden. Messing war zu dem Haftprüfungstermin, den ihr Anwalt Dirk Schoenian aus Hannover betragt hatte, aus der Justizvollzugsanstalt „Roter Ochse“ in Halle nach Karlsruhe gebracht worden, wo sie in U-Haft saß.
Unberührt von dem außer Kraft gesetzten Haftbefehl bestehe der dringende Tatverdacht gegen die IS-Rückkehrerin aber weiterhin, sagte Schmitt. Sollte sie sich nicht an ihre Pflichten halten, könnte der Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt werden. Messing werden die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Der Vorwurf des Verbrechens gegen die Menschlichkeit basiert darauf, dass sie mit ihrem Ehemann zeitweise eine ezidische Frau mit zwei Kindern als Sklavin gehalten und diese weiterverkauft haben soll.
Leonora Messing hatte sich als 15-Jährige im März 2015 abgesetzt, um sich in Syrien der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen. In Raqqa war sie „Drittfrau“ des deutschen IS-Dschihadisten Martin Lemke und bekam zwei Kinder. Lemke war in der Hierarchie des IS vom Schergen der Sittenpolizei zum Folterer des IS-Geheimdienstes aufgestiegen und galt als eines der hochrangigsten deutschen IS-Mitglieder. Im Januar 2019 wurde er zusammen mit Messing und einer weiteren Ehefrau im Verlauf der Befreiungsoffensive „Gewittersturm Cizîrê“ nahe der irakischen Grenze von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) festgesetzt, nachdem sie vor der Einnahme der letzten IS-Bastion Baghuz geflohen waren. Zur Rückholung Messings aus Nordostsyrien nach Deutschland war das Auswärtige Amt gerichtlich verpflichtet worden. Lemke sitzt weiterhin in einem Gefängnis im Autonomiegebiet.