Die durch die kapitalistische Moderne verursachte Zerstörung von Natur, Umwelt und sozialem Leben hat dazu geführt, dass die Coronavirus-Pandemie eine große Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Menschen darstellt. Zuvor hatten sich Epidemien wie Cholera, AIDS, Vogelgrippe, Schweinegrippe, SARS I/II massenhaft ausgebreitet und das Leben der Menschen beeinträchtigt. In jüngster Zeit ist die Ausbreitung von Covid-19 in dieser Form das Ergebnis anhaltender Angriffe auf Natur und Gesellschaft im Namen der kapitalistischen Moderne zur maximalen Profitsteigerung.
Für viele Staaten ist das gegenwärtige Coronavirus auch eine Gelegenheit gegen politische Gefangene vorzugehen. Insbesondere Oppositionelle und politische Gefangene sind von Aufschub- und Amnestiebestimmungen ausgeschlossen, die erlassen wurden, um die Verbreitung des Virus in Gefängnissen zu verhindern. Sie werden praktisch dem Tod überlassen. In vielen Ländern auf der ganzen Welt werden Hunderttausende von politischen Gefangenen unter schlechten Lebensbedingungen und mit unzureichender medizinischer Versorgung gehalten, wobei Frauen und Kinder besonders gefährdet und der Epidemie schutzlos ausgesetzt sind. Die Vorkehrungen, die als Reaktion auf das Coronavirus in verschiedenen Ländern getroffen wurden, haben zur Freilassung von einigen wenigen Gefangenen geführt. Es gibt offensichtlich eine bewusste Politik gegenüber politischen Gefangenen, die als Feinde antidemokratischer Regime angesehen werden. Sie werden beim Umgang mit dem Virus unter Gefängnisbedingungen im Stich gelassen.
Gefängnisse sind von der Öffentlichkeit isolierte Räume. Mit ihren hohen Mauern und Stacheldrahtzäunen sollen die Stimme der politischen Gefangenen gebrochen und sie von der Gesellschaft isoliert werden. Politische Gefangene sind Personen, die aufgrund politischer oder weltanschaulicher Gründe und ihrer Kritik an den jeweiligen Staaten in Haft sind. Aus diesem Grund wird es, auch wenn es immer wichtig ist, ihre Stimme zu sein und das „Drinnen” nach „Draußen” zu bringen, immer wichtiger und dringlicher, während ihre Gesundheit und ihr Leben durch die Coronavirus-Pandemie ernsthaft gefährdet sind.
Um auf diese Situation aufmerksam zu machen, hat sich die Kampagne „Solidarity Keeps Us Alive“ („Solidarität hält uns am Leben“) gebildet. Die Kampagne wird sowohl von Gruppen getragen, die sich schon längere Zeit mit der Gefängnissituation in ihren Ländern befassen, als auch von Initiativen und Einzelpersonen, die sich allgemein für Menschenrechte und Demokratie einsetzen.
Am dramatischsten zeigt sich die Situation an der wachsenden Zahl politischer Gefangener, die in der Türkei wegen Meinungsäußerungen und demokratischen Engagements im Gefängnis sitzen. Aktuell sind es mit circa 8.000 Inhaftierten (davon 400 Frauen) – bei zunehmender Tendenz. Vor allem betroffen ist hier die kurdische Demokratiebewegung, die seit einigen Jahren versucht, die Gesellschaft basisdemokratisch und ökologisch umzugestalten. Auch in Staaten wir dem Iran, Spanien und Kolumbien werden politische Gefangene, trotz der Corona-Pandemie weiterhin festgehalten. Ein aktuelles Beispiel ist die seit 13 Jahren inhaftierte kurdische Aktivistin Zeynab Jalalian im Iran. Die im Iran zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte kurdische Gefangene ist an Covid-19 erkrankt und die Behörden verweigern ihr eine medizinische Behandlung in einem Krankenhaus. Das iranische Regime macht bereits seit Jahren ein öffentliches Reuebekenntnis zur Vorbedingung für eine fachärztliche Behandlung, was von Jalalian abgelehnt wird. Der Fall von Zeynab Jalalian ist nur ein Beispiel für die akute Situation politischer Gefangener.
Die Kampagne ruft deshalb am 27. Juni zu einem dezentralen internationalen Aktionstag auf, an dem sie den politischen Gefangenen weltweit eine Stimme geben und die Isolation in den Gefängnissen durchbrechen will: „Beteiligt euch mit kreativen Aktionen in euren Städten am Aktionstag! Solidarität hält uns am Leben!“