HDP und YSP: Den Faschismus nicht nur stoppen, sondern beenden
Bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei geht es am 28. Mai in die zweite Runde. Die HDP und YSP skizzieren in einem Zehn-Punkte-Plan ihre Strategie der kommenden Tage.
Bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei geht es am 28. Mai in die zweite Runde. Die HDP und YSP skizzieren in einem Zehn-Punkte-Plan ihre Strategie der kommenden Tage.
Bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei geht es in zehn Tagen in die zweite Runde. Die Exekutivräte der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Grünen Linkspartei (YSP) bewerten ihre Ergebnisse bei der Abstimmung vom 14. Mai als Misserfolg. Auf einer Sitzung in Ankara haben nun umfangreiche Diskussionen darüber stattgefunden. Die Parteien skizzieren in einem Zehn-Punkte-Plan ihre Strategie der kommenden Tage:
1- Wir halten es für äußerst wichtig, dass es der Grünen Linkspartei trotz allen Drucks und aller Coups gelungen ist, die drittgrößte Vertretung der Türkei im Parlament zu erreichen. Es ist jedoch auch klar, dass wir summa summarum nicht das Wahlergebnis erzielt haben, das wir uns gewünscht und erwartet haben. Wie auch immer die Bedingungen sein mögen, wir werden weiter dafür kämpfen, uns stärker zu organisieren und größere Erfolge zu erzielen.
2- Zunächst halten wir fest, dass wir bereits auf die Beseitigung der festgestellten Unzulänglichkeiten hinwirken. Es sollte nicht vergessen werden, dass wir aus einer Tradition kommen, in der das Prinzip von Kritik und Selbstkritik gilt. Die Wahlergebnisse haben Gründe, die über den Abstimmungsprozess hinausgehen. Sie erfordern eine umfassende Diskussionsphase. Um alte Fehler beim Neuanfang zu verhindern, werden wir nach dem 28. Mai Versammlungen einberufen und Diskussionen mit unserem Volk sowie unseren Kreis- und Provinzverbänden führen. Ohne uns auf irgendwelche dünnen Ausreden zu berufen, werden wir mit Blick auf festgestellte Schwächen und Fehler Bilanz ziehen und Perspektiven aufzeigen. Daran sollte niemand einen Zweifel haben.
3- Die Wahl ist jedoch noch nicht zu Ende. Am 28. Mai findet die zweite Runde in der Präsidentenwahl statt. Entsprechend der Tradition und Kultur unserer Parteien legen wir Wert auf alles, das zum Kampf für Freiheit und Demokratie beiträgt, den Weg dorthin ebnet und Möglichkeiten schafft. Wahlen gehören zweifelsohne hierzu. So wie schon vergangene Abstimmungen, die nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht haben, als Grund für eine neue Beharrlichkeit, Hartnäckigkeit und eine Verstärkung des Kampfes genutzt wurden, wird auch der aktuelle Wahlprozess Grund für eine ausgedehnte Organisierung, Widerstand und Kampf werden.
4- Die AKP/MHP-Regierung und die Volksallianz führen unablässige Angriffe gegen Kurdinnen und Kurden, Frauen, Jugendliche, Unterdrückte sowie die gesellschaftliche und politische Opposition durch. Unsere Parteien sind das primäre Ziel eines Angriffskonzepts, das die Gesellschaft in einen Klammergriff nimmt, indem es ein Klima der Unterdrückung und Angst schafft. Bis heute ist es uns gelungen, alle Kriegskonzepte, Zersetzungspläne und die Politik der Ablehnung und Verleugnung entschlossen zu vereiteln – denn das Fundament unserer Realität, das von einem entschlossenen Widerstand getragen wird, ist mit dem Willen dieses Volkes errichtet worden. Wir sind die Subjekte eines Widerstandes, der seinen Weg und seine Zukunft im gesellschaftlichen Kampf gegen die auf Lügen basierenden Politik der Herrschenden findet und nicht zurückweicht.
5- In dieser Zeit des harten Kampfes haben alle oppositionellen Teile der Gesellschaft, insbesondere das kurdische Volk, erheblichen Widerstand geleistet. Wir möchten noch einmal betonen, dass wir hier sind und dass wir stark sind! Diese Idee, diese Tradition des Kampfes wird niemals enden. Wir werden unseren Kampf fortsetzen, um das breiteste Demokratie-Bündnis der Türkei aufzubauen und den Faschismus zurückzudrängen.
6- Mit der Parlamentswahl vom 14. Mai wird ein frauen-, arbeiter- und kurdenfeindliches Machtbündnis erkennbar. Gegen diese Zusammensetzung hat das Volk unserer Partei erneut die Verantwortung übertragen, den Kampf der Frauen, den Kampf der Arbeiterklasse, die universellen Menschenrechte und Kollektivrechte, die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts und die Grundfreiheiten auf der Basis von Gleichheit und Gerechtigkeit zu verteidigen. Niemand soll daran zweifeln, dass wir die Interessen der Gesellschaft im Parlament, auf der Straße, kurz gesagt, auf allen Ebenen und Gebieten der Politik bis zum Ende verteidigen werden.
7- Als drittstärkste Kraft im Parlament sind wir entschlossen, das Regime, das wir in der ersten Runde der Wahlen nicht gewinnen ließen, in der Stichwahl verlieren zu lassen. In den nächsten Tagen werden wir unseren Weg mit der Entschlossenheit unserer Völker, die uns Atem und Leben gibt, fortsetzen, und wir werden mit Sicherheit gewinnen. Wir sind fest davon überzeugt, dass in den kommenden Tagen sowohl unsere organisierten Strukturen, Komponenten und Bündnisse als auch unser Volk an den Wahlurnen erneut ihre Entschlossenheit zeigen werden, ohne vor diesem Regime, das der Feind von Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit ist, zurückzuschrecken.
8- Zu Beginn einer neuen Periode des Kampfes wird es uns erneut gelingen, den Durchbruch zu schaffen, um am dunkelsten Moment der Finsternis das Licht zu erreichen und unsere Ziele zu verwirklichen. Wir bekräftigen unser Versprechen an die großen Werte unseres Kampfes für die Menschheit, an alle Freund:innen und Weggefährt:innen, die in den Kerkern oder im Exil auf jeder Ebene und Etappe des Widerstands teilgenommen und Opfer und Fleiß erbracht haben, um den Sieg zu erringen. Das wichtigste Instrument dafür ist zweifellos unsere politische Haltung und Strategie, die die Hoffnung der Völker, der Glaubensgemeinschaften, der Kulturen, der Unterdrückten, der Frauen und der Jugend ist. Der einzige Weg, erfolgreich zu sein, zu gewinnen, Hoffnung zu wecken und den Sieg zu erringen, besteht darin, diese Politik besser aufzuzeigen und sie mit den Völkern zusammenzubringen.
9- Der Faschismus ist durch den jahrelangen Kampf unserer Völker unter großen Mühen und Opfern aufgehalten worden. Wir sollten uns bewusst sein, dass das weitere Überleben dieses faulenden Faschismus mittels staatlicher Ressourcen, Unterdrückung, Gewalt und Wahlkampftricks unseren Völkern neues Leid zufügen wird. Es liegt in unserer Hand, dies nicht zuzulassen. Hierfür ist der noch nicht abgeschlossene Wahlprozess eine große Chance. Wir können in den nächsten Tagen diesem Albtraum ein Ende bereiten und dem Bösen ein Ende setzen, ohne in Pessimismus und Verzweiflung zu verfallen. Wir haben die Möglichkeit, die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen zu einem großartigen Ende und einem neuen Anfang zu machen.
10- Es ist notwendig, dass alle unsere Völker, Organisationen und Freund:innen innerhalb und außerhalb des Landes für die Stichwahl an die Urnen gehen und dem Faschismus den ultimativen Schlag versetzen, statt den Kampf bis nach den Wahlen aufzuschieben. Unsere größte Selbstkritik nach der wertvollen Kritik unseres Volkes wird darin bestehen, das Ein-Mann-Regime zu besiegen. Wir werden die vor uns liegende kritische Zeit mit entschlossenem Handeln und Arbeiten verbringen. In der Überzeugung, dass wir gewinnen werden, haben wir beschlossen, unsere Arbeit von heute an verstärkt aufzunehmen.
Wir sind hier, wir werden gemeinsam verändern.