Der alevitische HDP-Abgeordnete Kemal Bülbül hat eine Todesdrohung via Instagram erhalten. Wie der Politiker am Freitag öffentlich machte, stehe in der Nachricht: „Deine Zeit ist abgelaufen.“ Er sei zwar Anfeindungen und auch Morddrohungen gewohnt, sagte Bülbül. Aber der Name des aktuellen Absenders sei mehr als verstörend: „Die Unsichtbaren“ – so nannten sich auch die bislang unbekannten Personen, die an der Entführung des Sozialisten Gökhan Güneş vergangene Woche in Istanbul beteiligt waren.
„Sie bezeichnen sich zwar als unsichtbar, aber wir kennen sie nur zu gut“, kommentiert Kemal Bülbül die Drohnachricht. Es seien Leute des „tiefen Staats“, des sogenannten Parallelstaats. Der 56-Jährige geht von einer Vielzahl Betroffener aus, die die Drohungen entweder nicht ernst nehmen würden oder denen der Gang in die Öffentlichkeit aus Angst schwerfalle.
„Es wäre naiv zu glauben, dass einem nichts passieren würde. Aus Sorge um die eigene Sicherheit gar nichts zu tun, erschwert dagegen unsere Arbeit, unsere Stärke und unseren Kampf“, sagt Bülbül. Die andauernde Existenz von parastaatlichen und rassistischen Strukturen bezeichnete er als „Schande für den Staat“. Es sei bedauerlich, dass die Führung der Türkei bisher nur mit Zusätzen wie „tief, parallel oder unsichtbar“ in Erscheinung getreten ist, aber kein einziges Mal im Zusammenhang mit Demokratie. Bülbül fordert ein kollektives Engagement demokratischer und zivilrechtlicher Institutionen, der Politik und allen anderen Kreisen, die für Freiheit, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit einstehen. Nur durch „Widerstand und gesellschaftsübergreifende Solidarität“ sei ein erfolgreicher Kampf gegen parastaatliche Strukturen möglich.