Hauptverhandlung gegen Tahir Köçer eröffnet – Protest vor dem Münchner Gericht

Vor dem OLG München ist die Hauptverhandlung gegen Tahir Köçer eröffnet worden. Vorgeworfen wird dem kurdischen Aktivisten die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“.

Am Montag wurde vor dem Oberlandesgericht München die Hauptverhandlung gegen Tahir Köçer eröffnet. Der ehemalige Ko-Vorsitzende des kurdischen Dachverbands KON-MED ist Mitglied im Nationalkongress Kurdistan (KNK) und gilt als wichtiger Repräsentant der Kurd:innen in Deutschland. Der Politiker wurde im Dezember 2022 in Nürnberg festgenommen und ist seitdem in München in Untersuchungshaft.


Der erste Prozesstag begann mit der Verlesung der Anklageschrift. Vorgeworfen wird Köçer die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“, gemeint ist die PKK. Er soll als Gebietsverantwortlicher im Raum Nürnberg und zugleich als Regionsverantwortlicher für Bayern tätig gewesen sein. Wie in derartigen Verfahren üblich, wurden als „Straftatbestände“ unter anderem aufgeführt: Besuche bei kurdischen Familien, Restaurantaufenthalte, Organisation und Teilnahme an Info- oder Gedenkveranstaltungen, Newrozfeiern, Spendensammlungen, Protestveranstaltungen gegen die Inhaftierung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan und Solidarität bzw. „Beistand“ für inhaftierte Kurden.

All diese Vorwürfe zählen eigentlich als ganz normales soziales Verhalten bzw. als Ausübung von Grundrechten. Nirgendwo sind individuelle Straftaten zu erkennen. Doch darum geht es bei derartigen Prozessen jedoch auch nicht. Der Hintergrund ist das seit 1993 bestehende Verbot der PKK, das dem Staat einen Freibrief für Verfolgung politisch aktiver Kurd:innen ausstellt.

Köçer selbst musste Mitte der 1990er Jahre aus der Türkei fliehen, nachdem er dort in Haft saß und gefoltert wurde. In Deutschland erhielt er die Anerkennung als Asylberechtigter und später eine Niederlassungserlaubnis. Der 59-jährige Vater von fünf Kindern hat in Deutschland einen festen Wohnsitz und setzt sich für die Rechte der Kurd:innen ein. Als Politiker trat er immer wieder öffentlich auf und suchte den Dialog, um auf die Situation der kurdischen Community hinzuweisen.

Am ersten Prozesstag wurde in Anwesenheit zahlreicher Besucher:innen die umfangreiche Anklageschrift verlesen. Am nächsten Verhandlungstag (Donnerstag, 18. Januar, 9:00 Uhr) wird Rechtsanwalt Michael Brenner einen Einstellungsantrag vortragen.

Begleitend zur Prozesseröffnung fand vor dem Justizgebäude eine Kundgebung statt. Der Ko-Vorsitzende von KON-MED, Kerem Gök, verurteilte die Angriffe des deutschen Staates auf politisch aktive Kurd:innen und forderte die Freilassung von Tahir Köçer.