Hannover: Rassistischer Messerstecher weiter auf freiem Fuß

Celal A. hat Mazlum Omer aus Kurdistan durch einen Messerstich in den Hals schwer verletzt. Auch am zweiten Verhandlungstag wurde der Angeklagte nicht festgenommen.

Mazlum Omer aus Qamişlo kommentiert den Angriff von Celal A. gegenüber Yeni Özgür Politika: „Der IS hat dort den Menschen mit Messern die Kehlen durchgeschnitten, sie ermordet. Wir erleben nun das gleiche hier. Was ist der Unterschied zwischen Celal A. und dem IS?“

Celal A. hatte 2015 eine Demonstration gegen das PKK-Verbot angegriffen und Mazlum Omer schwer durch Messerstiche am Hals verletzt. Nach drei Jahren begann nun der Prozess gegen den rechten Gewalttäter vor dem Landgericht Hannover. In der Verhandlung wurden Kameraaufzeichnungen des Angriffs gezeigt und Augenzeug*innen angehört. In dem 8:44 Minuten langen Video ist sichtbar, wie der Täter mit einem Messer um sich sticht und dass zuerst die Blutungen an Omers Hals nicht gestoppt werden können. Während die Teilnehmer*innen der Demonstration mit einem Schal die Blutungen zu stoppen versuchten, rief Deniz Biçer den Krankenwagen und die Polizei.

Während des Prozesses bleibt der Täter frei. Er hatte auch noch vier Personen, die ihn versuchten zu stoppen, mit dem Messer verletzt und ist dann geflohen. Einer der Verletzten sagte vor Gericht aus. Er hatte versucht, sich mit einer Holzlatte gegen den Messerangreifer zu schützen und wurde ebenfalls verletzt: „Er hatte seinen Sohn dabei, der immer wieder rief: ‚Papa, Papa, tu das nicht‘. In dem Moment, als ich zu Boden stürzte, hat der rassistische Angreifer Celal A. auf mich eingestochen. Meine Verletzung war etwa zehn Zentimeter lang, hat aber nicht geblutet, das Messer hatte große Löcher in meine Kleidung geschnitten. Es war keine tiefe Wunde, aber es belastet mich psychisch schwer. Ich kann erst seit kürzester Zeit über die Geschehnisse sprechen.“

Das Trauma geht weiter

Der überlebende Mazlum Omer hat sich vor dem Landgericht Hannover gegenüber der Tageszeitung Yeni Özgür Politika geäußert. Aufgrund seiner Traumatisierung sprach er zum ersten Mal mit den Medien und sagte: „Das liegt daran, dass ich jedes Mal, wenn ich darüber spreche, alles von Neuem erlebe und in Panik verfalle. Aber ich will dieses Muster durchbrechen. Ich habe nun einen kranken, versehrten, kraftlosen Körper. Ich bin permanent auf Medikamente angewiesen und gehe immer wieder zu Ärzten. Ich kann nicht einmal mehr mit meinen eigenen Kindern spielen oder mich in Gesellschaft von Menschen aufhalten.“

Omer fährt fort: „Der Schuldige läuft seit drei Jahren frei draußen herum, ich will nur Gerechtigkeit, das ist alles, was ich von der deutschen Regierung möchte. Meine Stimmbänder wurden verletzt und es fällt mir schwer zu sprechen. Ich kann mich nur schwer unter Menschen aufhalten, weder mit meiner Mutter, meiner Schwester, noch meinen Kindern.“

Celal A. muss in Untersuchungshaft genommen werden“

Mazlum Omer ist vor dem IS aus Nordsyrien nach Deutschland geflohen. Er fährt fort: „Der Rassist Celal A. hat in seiner Verteidigung erklärt, er habe seinen Sohn verteidigen wollen. Das ist nicht richtig. Ich habe die anderen Zeugen noch nie gesehen und kenne sie nicht, wir haben noch nicht einmal zu einander ‚Hallo‘ gesagt. Der IS hatte dort [im Mittleren Osten] die Menschen mit Messern geschlachtet, sie ermordet. Wir erleben hier das Gleiche. Ich kann es manchmal kaum glauben, dass ich noch am Leben bin. Das konnten nicht einmal die Ärzte glauben, aber ich habe überlebt. Ich betrachte Celal A. wie den IS, die schlachten Menschen, er tut es ebenfalls, sie wollen morden und er ebenfalls.”

Auch die Schwester von Mazlum Omer, Menal, fordert eine schwere Strafe für Celal A.: „Er hat meinen Bruder in seinem Blut liegen lassen, mein Bruder ist wie ein Halbtoter. Wenn die Mörder in diesem Land ohne Strafe bleiben, dann wird sich unsere Wut steigern.“

Die weiteren Prozesstage sind für den 15., 22., 23. und 28. August vor dem Landgericht Hannover um 9.00 Uhr angesetzt.

YÖP | FADIL DONMA