Hamburg: „Ich lasse mich nicht mundtot machen“
Am Mittwoch wird in Hamburg das Verfahren gegen Wolfgang Seibert fortgeführt. Ihm wird vorgeworfen, ideell die PKK zu unterstützen.
Am Mittwoch wird in Hamburg das Verfahren gegen Wolfgang Seibert fortgeführt. Ihm wird vorgeworfen, ideell die PKK zu unterstützen.
Wolfgang Seibert ist ehemaliger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Pinneberg. Nachdem ein Ermittlungsverfahren nach § 129 a/b gegen ihn vor etwa einem Jahr eingestellt wurde, läuft aktuell ein neues Verfahren gegen ihn. Es handelt sich hierbei um ein Ordnungswidrigkeitsverfahren seitens des LKA Hamburg mit dem Vorwurf, gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben.
Im Vorfeld zum nächsten Prozesstermin am 4. Mai 2022 um 9.15 Uhr im Amtsgericht Hamburg- St. Georg (Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg) haben wir mit Wolfgang Seibert gesprochen. Die Anklage gründe sich auf einer Rede, die Seibert im Kontext einer Demonstration 2018 gegen den türkischen Angriffskrieg in der Region Efrîn, dem westlichen Kanton der Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyrien, gehalten habe. Am Ende seiner Rede sagte er: „Es lebe das freie Kurdistan, es lebe die YPJ, YPG und PKK“.
Würdigung der PKK ist „vollkommen legitim"
Er habe in seiner Rede nichts anderes gemacht, als die Rolle der PKK bei der Vertreibung und Zerschlagung des sog. Islamischen Staates (IS) zu würdigen – „was ich vollkommen legitim finde“. Der Bundesrepublik wiederum passe die Würdigung der Volksverteidigungskräfte nicht, vielmehr werde mit allen Mitteln versucht, diese zu kriminalisieren. Damit übernehme Deutschland die Ansicht der Türkei, welche die kurdische Bewegung kriminalisiere. Die Hintergründe des Konflikts zwischen dem Staat und der Bewegung, die brutale Unterdrückung und Zerstörungen hingegen werden ausgeblendet – „Ursache und Wirkung verwechselt“. Dies erkläre sich selbstverständlich auch mit den vielfältigen politischen und ökonomischen Verbindungen der beiden Staaten. Nicht zuletzt auf den schmutzigen EU-Türkei-Flüchtlingsdeal lasse sich zurückführen, dass der Türkei wahrlich Zugeständnisse gemacht werden würden: Waffenlieferungen, Abschiebungen, Verbot von Vereinen. Darüber hinaus sei die Bundesrepublik aber auch schon seit 100 Jahren gut darin, linke Bewegungen zu kriminalisieren. Rechte Gruppierungen hingegen, wie etwa die Grauen Wölfe, seien selbstverständlich nicht von dem gleichen Maß an Repression betroffen. Vielmehr noch sei es akzeptiert, dass der türkische Geheimdienst MIT auch hier Oppositionelle verfolge.
Das Verbot der PKK muss fallen
Vor dem Amtsgericht St. Georg soll nun versucht werden, Seibert in einem zweiten Anlauf zu verurteilen. Ob es dieses Mal gelingt, bleibt noch offen. Für ihn selbst steht der Ausdruck dahinter fest. Das Verfahren sei eine Farce und konstruiert. Eigentlich gehe es damit nur darum, Unterstützer:innen der kurdischen Freiheitsbewegung zu kriminalisieren. „Aber das wird ihnen nicht gelingen und ich lasse mich von dem Prozess auch nicht einschüchtern. Ich habe meine Einstellung zur kurdischen Bewegung und die wird sich nicht ändern.“ Er stehe weiter zu seiner Meinung: Das Verbot der PKK muss fallen, da diese keine terroristische Vereinigung sei.
Der Versuch, Seibert mundtot zu machen, werde dem Staat auch mit dem erneuten Verfahren nicht gelingen.
Solidarität mit Wolfgang Seibert ist erwünscht. Der zweite Verhandlungstag findet am morgigen Mittwoch, dem 4. Mai 2022, um 9.15 Uhr statt.