Grabbesuch bei Dino Frisullo in Rom

An seinem Grab in Rom ist Dino Frisullo gedacht worden. Anlass war der 19. Todestag des Aktivisten, Politikers und Journalisten, der die italienische Kurdistan-Solidarität mitbegründete.

An seinem Grab in Rom ist Dino Frisullo gedacht worden. Anlass war der 19. Todestag des Aktivisten, Politikers und Journalisten, der die italienische Kurdistan-Solidarität mitbegründete. Damiano Giovanni Frisullo, wie „Hevalê Dîno“ mit bürgerlichem Namen hieß, starb am 5. Juni 2003 in Perugia an den Folgen einer Krebserkrankung. Seit Todestag ist zugleich sein 51. Geburtstag gewesen.

An dem Grabbesuch auf dem Verano-Friedhof kamen Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde sowie Aktive der kurdischen Befreiungsbewegung zusammen. Rednerinnen und Redner würdigten das Leben von Dino Frisullo, seine Persönlichkeit, sein Wirken für die kurdische Gesellschaft und berichteten über gemeinsame Erlebnisse. „Dinos Engagement für unser Volk wird ihm ein stetes und dankbares Gedenken sichern“, sagte ein kurdischer Aktivist.

Dino Frisullo war schon als Jugendlicher innerhalb linker Strukturen aktiv. Als Student engagierte er sich bei pazifistischen und umweltpolitischen Gruppen und organisierte Friedensmärsche gegen die militärische Infrastruktur in Italien. Er war Referent der Demokratischen Partei, gehörte zu den Mitbegründern der antirassistischen Organisationen „Rete Antirazzista“ und „Senza Confine“ und arbeitete als Berater für Migration bei der Stadtverwaltung Roms. Als 1997 rund 15.000 kurdische Geflüchtete aus der Türkei, dem Irak und dem Iran an der Südküste Italiens strandeten, zündete in seinem Herzen der erste Funken der Solidarität und des Zusammenhalts, der in den folgenden Jahren eine mächtige Flamme in Italien entfachte.


Ab diesem Zeitpunkt galt Dino Frisullo als ständiger Vorkämpfer für die Verteidigung der Rechte von Kurdinnen und Kurden. Auch seine beruflichen Tätigkeiten hat er immer wieder mit seinem politischen Engagement verbunden. 1997 gründete er in der Gemeinde Filattiera zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Paolo Zammori den Verein „Kurdistan Azad“. Im selben Jahr beteiligte er sich an dem „Europäischen Friedenszug Musa Anter“. Die Initiative war vom „Appell von Hannover“ ins Leben gerufen worden, um den „Prozess der Demokratisierung in der Türkei und die unverzichtbare Achtung der Menschenrechte durchzusetzen“ und gegen den Krieg in Nordkurdistan zu protestieren. Mehrmals nahm er an Delegationsreisen nach Kurdistan teil, so auch an Newroz 1998. Am 21. März jenes Jahres wurde er in Amed (tr. Diyarbakir) festgenommen. Damals war er Fraktionsmitarbeiter im italienischen Parlament und hatte mit 25 weiteren Personen aus Italien an den kurdischen Neujahrsfeierlichkeiten teilgenommen. 

Doch Polizei und Militär verwandelten das Fest und die nachfolgende Demonstration in eine Menschenjagd, bei der etwa 200 Teilnehmende festgenommen und mehr als 25 schwer verletzt wurden. Beobachter:innen berichteten, dass Menschen mit aufgeplatzten Wunden und gebrochenen Knochen versuchten, sich in Seitenstraßen in Sicherheit zu bringen, während die Polizei auf Frauen und Kinder einschlug, die bereits verletzt auf dem Boden lagen. Auch zwei deutsche Delegationsmitglieder wurden während der Demonstration eingekesselt und zusammengeschlagen. 

Den Festgenommenen wurde „Anstachelung zur Gewalt“ vorgeworfen. Angeblich hätten sie Kinder zum Werfen von Steinen aufgewiegelt. Neben Dino Frisullo hatte es unter anderem auch zwei italienische Studierende getroffen, die allerdings nach zwei Tagen wieder freikamen. „Hevalê Dîno“ dagegen wurde von einem Staatssicherheitsgericht in Untersuchungshaft geschickt. Er landete in einem der berüchtigten Hochsicherheitsgefängnisse in Amed, wurde in Isolation gehalten und gefoltert. Nach vierzig Tagen wurde der Haftbefehl aufgehoben, das Land durfte Frisullo aber trotzdem nicht verlassen. Erst als er am 16. Juni 1998 zu einer einjährigen Berufungsstrafe verurteilt wurde, hatte man ihn des Landes verwiesen.


Als Abdullah Öcalan im Oktober 1998 Syrien verlassen musste und sich auf eine monatelange Odyssee durch Europa begab – an deren Ende er in Kenia entführt und in die Türkei verschleppt wurde – hielt er sich für eine Weile in Italien auf. Es war der 12. November 1998, als Öcalan in Rom landete. Noch am selben Tag trafen dort die ersten Gruppen von Exil-Kurd:innen ein und ließen sich zu einer Mahnwache vor dem Militärkrankenhaus nieder. Es dauerte nicht lange, bis sie zu einer riesigen Menschenmenge anwuchsen, die monatelang mit der Forderung nach einem politischen Status für Öcalan bei winterlichen Temperaturen auf dem Platz ausharrte. Auch Dino Frisullo befand sich unter ihnen. Er beteiligte sich damals an einem Hungerstreik, mit dem er Freiheit für Abdullah Öcalan und eine Lösung der kurdischen Frage einforderte. Außerdem war er derjenige, der die Umbenennung des Platzes in „Piazza Kurdistan“ initiierte. Ein Bild, das damals von der Szene entstand, schmückt noch heute die Wände kurdischer Vereine rund um den Globus.

2002 wirkte Dino Frisullo an der Gründung des in Rom ansässigen Vereins „Ararat“ mit und wurde dessen Vorsitzender. Kurz darauf verabschiedete er sich aus dem aktivistischen Geschehen, da er damals bereits erkrankt war. „Hevalê Dîno ist vor neunzehn Jahren zwar von uns gegangen. Die Erinnerung an ihn bleibt jedoch für immer in unseren Herzen“, hieß es beim Grabbesuch.