Gedenken an William Tonou Mbobda am Hamburger UKE

Vor dem UKE in Hamburg hat ein Jahr nach dem Tod von William Tonou Mbobda ein individuelles Gedenken stattgefunden. Es wurden Blumen niedergelegt und Kerzen aufgestellt.

Heute am 21. April 2020 jährt sich der Tod von William Tonou Mbobda, der im vergangenen Jahr durch Zwangsfixierung vor der Psychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf ums Leben kam. Die Initiative „Justice For Mbobda“ rief zum Gedenken und zur Aufklärung der Todesumstände auf.

Eine geplante Mahnwache war wegen der der bestehenden Corona-Allgemeinverordnung der Stadt Hamburg seitens der Versammlungsbehörde (Polizei) verboten worden - eine Sondergenehmigung wurde frühzeitig und ohne Angaben von Gründen verweigert. Darüber hinaus ist das Gelände des UKE Corona-bedingt zugangsgesperrt.

Die Inititive rief daher dazu auf, Tonou Mbobda individuell im zugänglichen Eingangsbereich des UKE zu gedenken und dort Blumen und Kerzen niederzulegen: „So wollen wir an diesem schweren Tag an unseren Bruder, Sohn und Freund Tonou Mbobda erinnern und gedenken, der durch brutale Gewalt aus dem Kreis seiner Familie und unserer aller Mitte gerissen wurde und dass wir es nicht vergessen haben“.

William Tonou Mbobda starb, nachdem er am 21. April im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) vom Sicherheitsdienst fixiert worden war. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge gegen drei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes und die behandelnde Ärztin. William Tonou Mbobda wurde nur 34 Jahre alt. In Kamerun geboren, kam er vor etwa zehn Jahren nach Hamburg und begann ein Ingenieursstudium. Zuletzt studierte er im Master BWL. Er soll an Schizophrenie erkrankt und schon mehrfach in Behandlung gewesen sein, auch am UKE. Offenbar wusste er um seine Krankheit, im April hatte er sich freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben, suchte Hilfe.

Am Morgen des 21. April saß er vor dem Gebäude der psychiatrischen Klinik auf einer Bank. Mehrere Zeuginnen berichteten, dass er von dem Sicherheitsdienst brutal auf dem Bauch liegend festgehalten wurde. Er wurde von Pflegern und Sicherheitskräften zu Boden gebracht. Ein Mann berichtete über Tritte gegen Nieren und Rücken von Tonou Mbobda und einer Spritze. Das brachiale Vorgehen des Sicherheitsdienstes ging fließend über in die Wiederbelebung von Tonou Mbobda. Er konnte reanimiert werden, starb jedoch fünf Tage später auf der Intensivstation.

Sein Tod sorgte für viel Aufsehen und Solidarität in Hamburg. Antirassistische Initiativen werfen dem UKE strukturellen und antischwarzen Rassismus vor. Später wurden eine gebrochene Rippe, ein angebrochenes Brustbein, Schürfwunden und zahlreiche Hämatome festgestellt. Als Todesursache wurde eine Sauerstoffmangelschädigung des Gehirns angegeben, die durch plötzliches Herzversagen herbeigeführt worden sein soll. William Tonou Mbobda wurde in Kamerun beigesetzt. Wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, ist noch nicht klar.

In einer Erklärung der Initiative Justice For Mbobda heißt es:

„Der Rechtsmediziner Prof. Klaus Püschel, der die Obduktion des Leichnams von William Tonou Mbobda durchführte, ist selbst als Leiter der Rechtsmedizin am UKE in Hamburg tätig. Er attestierte dem Opfer eine Herzvorerkrankung, die ursächlich für dessen Tod gewesen sei, und nicht etwa die völlig unverhältnismäßigen Gewalteinwirkungen des Sicherheitspersonals, die sich unter anderem mit vollem Körpereinsatz auf seinen Brustkorb gesetzt hatten.

Im Fall von Oury Jalloh war Prof. Klaus Püschel derjenige, der dem damaligen Dessauer Polizeiarzt Dr. Andreas Blodau attestierte, dass dieser mit der Anordnung einer zwanghaften Vier-Punkt-Fixierung des stark alkoholisierten Oury Jalloh in Zelle fünf ohne besondere Kontrollmaßnahmen aus ärztlicher Sicht keinen Fehler begangen habe. Zudem hatte Prof. Püschel im Jahr 2009 in einer gutachterlichen Stellungnahme die Frage zu beantworten, »[…], ob der Arzt Herr Dipl. Med. A. Blodau sich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen strafbar gemacht habe.«. Darüber hinaus hatte Prof. Klaus Püschel bereits einem Bremer Polizeiarzt, der den Brechmitteleinsatz und den daraus resultierenden Erstickungstod von Achidi John im Jahr 2001 zu verantworten hatte, ebenfalls ein »Unbedenklichkeitserklärung« ausgestellt, als dieser im Jahr 2004 als Gutachter vor Gericht auftrat.

Anhand dieser drei Fälle zeigt sich, dass Herr Prof. Klaus Püschel aktiv an der Vertuschung der aufgeführten Gewaltverbrechen beteiligt war bzw. mehrfach seine Position missbraucht hat, indem er auf der Grundlage eigener Interpretationen für den Schutz der Täter eingetreten ist und juristische Konsequenzen für die Täter abgewendet hat.

Konsequenter Weise muss die sofortige Entlassung von Prof. Klaus Püschel als Leiter der Rechtsmedizin am UKE Hamburg und eine umfassende Untersuchung seiner medizinischen und gutachterlichen Tätigkeiten erfolgen.“