Die deutschen Behörden lassen keine Gelegenheit aus, um die nach § 129b StGB verurteilten mutmaßlichen Mitglieder der TKP/ML zu schikanieren. Die Richtersprüche vom Juli dieses Jahres sind noch nicht rechtskräftig, es liegen keine schriftlichen Begründungen vor, und die Anwälte sind sofort in Revision gegangen - dennoch wurde gegen die in Frankreich, Österreich und der Schweiz lebenden Angeklagten Musa Demir, Mehmet Yesilcali und Sami Solmaz ein 20-jähriges Einreiseverbot verhängt. Sie seien „eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland“.
Betroffen vom aufenthaltsrechtlichen Damoklesschwert sind auch die in Nürnberg lebenden Ärzte Dr. Sinan Aydin und Dr. Banu Büyükavci. Dr. Aydin, der mittlerweile den Status einer „Duldung“ hat, wurde sofort nach seiner Entlassung aus der U-Haft mit einem Arbeitsverbot belegt. Gegen Dr. Büyükavci, die eine Niederlassungserlaubnis besitzt, leitete die Nürnberger Ausländerbehörde im November ein Ausweisungsverfahren ein und eine Anhörung wurde angeordnet.
Damit greift die Ausländerbehörde dem Rechtsweg vor und will Fakten schaffen. Es darf unterstellt werden, dass dem Amt bekannt ist, dass eine Ausweisung und Abschiebung in die Türkei für die seit vielen Jahren in Deutschland lebenden Ärzte sofortige Inhaftierung und Folter bedeuten würden. Obwohl gerade im Corona-Hotspot Nürnberg händeringend nach Mediziner*innen gesucht wird, will man die Patienten vor einer Behandlung durch die beiden anerkannten Ärzte schützen – sie könnten mit kommunistischen Viren des Typs Empathie und Unbeugsamkeit infiziert werden.
Gegen diese ausländerrechtlichen Willkürmaßnahmen formiert sich nun in Bayern Widerstand. Die Kolleg*innen und Vorgesetzten der promovierten Psychiaterin Dr. Banu Büyükavci können es nicht fassen, dass ihre beliebte Kollegin, die ihre alte Stelle nach der Haftentlassung im Februar 2018 sofort wieder einnahm, nun ausgewiesen werden soll. Auch die Gewerkschaft ver.di München, für die Büyükavci im Bezirks- und Landesmigrationsausschuss tätig ist, reagierte entsetzt und kündigte an, sich weiterhin für die Kollegin einzusetzen. In einem Aufruf heißt es: „Zeigen wir unsere Solidarität mit Banu, unsere Solidarität mit den neun weiteren Verurteilten: Die Abschiebungen und die Einreiseverbote müssen vom Tisch! Wir fordern die Stadt Nürnberg auf, das Ausweisungsverfahren gegen Banu und ihre Mitangeklagten einzustellen.“
Das Aktionsbündnis „Banu muss bleiben! Stoppt die angedrohte Abschiebung!“ ruft auf zu Kundgebungen am 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte. Unterstützt wird der Aufruf von der Gewerkschaft ver.di, dem 8.-März-Bündnis, von AGEB, ATIF, dem Mor-Kızıl-Kolektif, PGİ/MLM und vielen weiteren Gruppen und Einzelpersonen.
Kundgebungen (mit Masken und Abstand) werden am 10. Dezember stattfinden
in Wien, Gauermanngasse 2-4, 16 Uhr
in Nürnberg am Hallplatz, 18 Uhr
in München am Stachus, 18 Uhr