Deutschlandweit Proteste gegen türkische Aggression

Deutschlandweit sind zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die türkische Aggression in Südkurdistan zu protestieren. Vielerorts wurden die jüngsten Luftangriffe auf Şengal und Mexmûr als Fortsetzung des IS-Genozids interpretiert.

Vergangene Nacht verbreitete sich die Nachricht, dass die Türkei Luftangriffe auf Gebiete in Südkurdistan (Irak) durchführt. Dutzende Flugzeuge der türkischen Luftwaffe bombardierten zivile Siedlungsgebiete in Şengal und Qendîl sowie das Flüchtlingslager Mexmûr und einige Guerillagebiete. Die Angriffe wurden im Zuge einer neuen Großoffensive des islamistisch-nationalistischen AKP/MHP-Regimes durchgeführt. Weltweit kam es am Montag zu Protesten gegen die türkischen Aggressionen, auch in Deutschland.

In Magdeburg rief das Solidaritätsbündnis Kurdistan-Magdeburg spontan für Montagabend zu einer Kundgebung auf. Gegen 19 Uhr versammelten sich kurzfristig etwa 90 Menschen in der Innenstadt, um auf den türkischen Angriffskrieg aufmerksam zu machen und ihre Solidarität mit den Betroffenen und der kurdischen Bewegung Ausdruck zu verleihen. Die Luftangriffe der türkischen Armee in Şengal kommen genau zu dem Zeitpunkt, als hunderte Ezidinnen und Eziden in ihre Heimat zurückkehren. Auch ein Krankenhaus wurde bombardiert. Die Angriffe der Türkei reihen sich damit in die Massaker des IS an der ezidischen Bevölkerungen.

Neben Redebeiträgen, die über die Verbrechen des türkischen Militärs in Südkurdistan aufklärten, wurde die Kundgebung mit der Musik revolutionärer Gruppen untermalt. Dazwischen riefen die mit Fahnen und Transparenten ausgestatteten Kundgebungsteilnehmer*innen Parolen wie „Hoch die internationale Solidarität“ und forderten „Alle Besatzer raus aus Kurdistan“. Als besonderer Gast berichtete in seinem Beitrag ein ezidischer Vertreter von der Situation vor Ort. Auf diese Weise zog die Kundgebung die Aufmerksamkeit der Passant*innen auf dem Bahnhofsvorplatz auf sich. Nach ungefähr einer Stunde wurde die Kundgebung beendet.

Das Magdeburger Solidaritätsbündnis resümierte: „Wie in einem Redebeitrag gesagt wurde, sind die neuerlichen Angriffe der Türkei nur eine weitere Episode des andauernden Krieges, in dem Waffenstillstände und weitere Offensiven nur Teil desselben Theaterstücks sind. Entsprechend werden wir immer wieder auf die Straße gehen, um unsere Wut, aber auch unsere Solidarität mit den selbstverwalteten demokratischen Kräften in allen Teilen Kurdistans zu artikulieren.“

Spontane Demonstration in Bielefeld

In Bielefeld kamen am Montag etwa 200 Menschen zu einer von den kurdischen Jugendorganisationen JCA und TCŞ organisierten Demonstration gegen die Luftangriffe in Kurdistan zusammen. Die Aktion begann nachmittags um 15 Uhr mit einer Auftaktkundgebung am Hauptbahnhof, anschließend führte der Demonstrationszug durch die Bielefelder Innenstadt. Die Teilnehmenden riefen lautstark Parolen, hielten Transparente und Flaggen hoch. Außenstehende wurden mit Flugblättern über die Lage in Südkurdistan und die Hintergründe zur türkischen Luftoffensive sowie das alternative Gesellschaftssystem der Kurdinnen und Kurden informiert.

Bei einer Zwischenkundgebung in der Innenstadt legten die Aktivist*innen ein besonderes Augenmerk auf den erneuten Angriff auf die Region Şengal, die im August 2014 vom sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) in genozidaler Absicht überfallen und mit brutalen Massakern und einem Femizid an ezidischen Frauen der Weltöffentlichkeit bekannt wurde. Anschließend zog die Demonstration über die Altstadt weiter Richtung Kesselbrink. Die Demonstrierenden riefen lautstark: „Erdogan setzt das Erbe des IS fort und bombardiert Zivilist*innen in Şengal.“ An dem Protest beteiligten sich auch Antifaschist*innen und Mitglieder der Bielefelder Ortsgruppe von der Klimabewegung Fridays for Future (FfF).  

In Duisburg fand ab 17 Uhr eine Kundgebung statt, zu der das Demokratische Gesellschaftszentrum der kurdischen Community aufgerufen hatte.

 

Breites Bündnis versammelt sich in Altonaer Innenstadt

In Hamburg versammelten sich am Abend rund 300 Menschen zu einer kurzfristig organisierten Kundgebung in der Fußgängerzone am Altonaer Bahnhof, um gegen die Bombenangriffe des AKP-Regimes auf die kurdische Widerstandsbewegung, das zivile Flüchtlingslager Mexmûr und die ezidischen Siedlungsgebiete zu demonstrieren. Unter Einhaltung der Corona-Sicherheitsauflagen bekundeten Personen aus der kurdischen Diaspora, türkische und deutsche Linke, Internationalist*innen und linksradikale Jugendgruppen Seite an Seite ihre Solidarität mit den angegriffenen Zivilist*innen und den demokratischen Kräften Kurdistans.

Vertreter der Linkspartei, des Cenî Frauenbüros, des Ezidischen Frauendachverbands, der Kurdistan-Hilfe, des Rojbîn Frauenrates, von Civaka Azad, des Bündnisses „Demokratische Kräftevereinigung” (türk. Demokratik Güç Birliği), der Kommunistischen Partei Kurdistans, von der europaweiten Dachorganisation von Migrantengruppen AvEG-Kon und der Jugendgruppen „Young Struggle“ und „Proletarische Jugend Hamburg“ verurteilten in Redebeiträgen die chauvinistische Kriegspolitik des Erdogan-Regimes. Die Rolle der islamistischen AKP-Türkei als „Luftwaffe des IS“ wurde ebenso benannt wie die stillschweigende Bündnishilfe der Bundesregierung für deren Feldzug gegen die Vertreter von demokratischen und emanzipatorischen Werten im Nahen Osten. Die Sprechchöre „Merkel finanziert – Erdogan bombardiert“ hallten durch die belebte Einkaufsstraße und enthüllten vor aller Öffentlichkeit die amoralische Machtpolitik der kapitalistischen Moderne.

Frauenräte besonders aktiv

Eine von der Frauenkommune Meryem, dem kurdischen Verein und des Frauenrats Berçem Cîlo in Hildesheim organisierte Kundgebung wurde unterstützt von der Antifa und Partizan. In der Mainmetropole Frankfurt beteiligten sich neben Mitgliedern des Vereins Städtefreundschaft Frankfurt – Kobanê e.V. auch Aktivist*innen der kurdischen Studierendenverbände JXK und YXK, die Frauenräte Nûjîn aus Hanau, Sara aus Offenbach und Amara aus Frankfurt sowie die Gruppen Antifa-United und Antifa Siempre an einer Kundgebung.

 

In Düsseldorf nahmen Aktivist*innen von YXK, JCA und TCŞ sowie der Interventionistischen Linken (iL) an einer spontanen Kundgebung teil. Auch aus Berlin, Gießen, Stuttgart, Köln, Heilbronn, München, Kiel, Darmstadt, Frankfurt, Saarbrücken, Münster und anderen Städten erreichten uns Meldungen über Proteste.