Die USA planen weiterhin eine „Sichere Zone“ in Rojava/Nordsyrien zu errichten. Es heißt, auf diese Weise solle die Region vor einer Invasion des NATO-Partners Türkei als auch des Assad-Regimes geschützt werden. In geheimen Gesprächen hat die Bundesregierung den USA nach Spiegel-Informationen in den letzten Monaten bereits signalisiert, dass sie bereit wäre, sich an der Absicherung der Schutzzone militärisch zu beteiligen. Dazu könnte, so hat es Berlin Washington angeboten, die Mission der Bundeswehr in Jordanien verlängert werden. Hierbei geht es vor allem um den Einsatz deutscher Tornados zur Überwachung der „Sicheren Zone“. Die Pläne der US-Regierung, Deutschland in die Pläne einer Sicherheitszone zu inkludieren, sind nicht neu. Der US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan hatte das Thema bereits auf der Münchner Sicherheitskonferenz angesprochen. Außerdem wurden der deutsche Außenminister Heiko Maas und die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei ihrem Besuch in Washington vor wenigen Tagen ebenfalls über das Thema von der US-Regierung informiert.
Merkel-Regierung gespalten
Die USA hatten erklärt, die 280 Bundeswehrsoldaten und die sechs Tornados in Jordanien sollen im Rahmen der „sicheren Zone“ in Westkurdistan eingesetzt werden. Bis dahin hatte es als sicher gegolten, dass das Bundewehrmandat am 31. Oktober nach dem Sieg über den IS auslaufen würde. Die Bundesregierung ist bezüglich dieser Überlegungen gespalten. Rolf Mützenich, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erklärte: „Die SPD hat im vergangenen Jahr durchgesetzt, dass der ‚Tornado‘-Einsatz in diesem Herbst ausläuft. Eine Verlängerung oder eine Anpassung des Mandats kommt aus unserer Sicht nicht in Betracht.“
Demgegenüber sagt der außenpolitische Sprecher der CDU Jürgen Hardt: „Wir sollten die Bitte der US-Regierung, bei der Absicherung der geplanten Schutzzone in Nordsyrien zu helfen, wohlwollend prüfen“, und weiter: „Das bestehende Bundeswehrmandat in Jordanien könnte dafür entsprechend angepasst werden.“
Bei dieser Frage wird der heutige Besuch des US-Außenministers eine wichtige Rolle spielen, er wird mit Bundeskanzlerin Merkel, der Verteidigungsministerin und dem Außenminister zusammentreffen.
Wie kann Deutschland Rojava schützen, wenn es die Region nicht einmal anerkennt?
Deutschland hat sich in den vergangenen sieben Jahren am Syrienkrieg beteiligt. Es wurden sechs Bundeswehrtornados für Aufklärungsflüge im Rahmen der Anti-IS-Koalition eingesetzt. 2017 im Rahmen der Krise mit dem Erdoğan-Regime wurden diese aus der Türkei nach Jordanien verlegt. Außerdem kreuzen deutsche AWACS-Flugzeuge 24 Stunden täglich über Syrien und machen Bodenaufnahmen und sammeln Daten für die NATO. Da die Türkei ebenfalls NATO-Mitglied ist, hat sie Zugriffsrecht auf die Daten und erhielt so Informationen über die Stellungen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) und den Kampf gegen den IS. Immer wieder wurden Vorwürfe laut, dass das AKP-Regime diese Daten an den IS weitergegeben habe.
Die interessante Frage bleibt, wie sich die Bundeswehr in den Plan der Trump-Administration zur Errichtung einer „sicheren Zone“ integrieren lassen wird. Die Bundesregierung hat bisher aufgrund ihrer engen Beziehung zur Türkei immer wieder vermieden, Rojava in irgendeiner Form diplomatisch anzuerkennen oder offene diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Ebenso hat sie es immer vermieden, den Hauptbeitrag der Demokratischen Kräfte Syriens beim Sieg über den IS anzuerkennen. Unter dem Vorwand, keine diplomatische Vertretung in der Region zu haben, verschloss die Bundesregierung auch Augen und Ohren gegenüber der Rücknahme der deutschen Staatsbürger, die als IS-Dschihadisten festgenommen wurden und insbesondere auch ihrer Familien und Kinder. Sogar das Tragen von Fahnen von YPG und PYD wurde in einer Anweisung des Innenministeriums vom 2. März 2017 willkürlich verboten. Die Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering, hatte zuletzt im Namen der Regierung erklärt, die Bundesregierung erkenne eine „Struktur mit dem Namen ‚Selbstverwaltung von Rojava‘ nicht an“.