DEM-Fraktion warnt vor zunehmender Gesetzlosigkeit

Abgeordnete der DEM-Partei haben vor dem Innenministerium in Ankara gegen die Amtsenthebung kurdischer Bürgermeister:innen protestiert. Die Vizefraktionsvorsitzende warnte vor zunehmender Gesetzlosigkeit in der Türkei.

Kurdistan als Testgebiet für Entrechtung

Abgeordnete der DEM-Fraktion haben vor dem Innenministerium in Ankara gegen die Amtsenthebung gewählter Bürgermeister:innen und die Zwangsverwaltung von Gemeinden protestiert. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gülistan Kılıç Koçyiğit erklärte, die AKP-Regierung führe seit 2016 einen „Putsch“ gegen den Willen des Volkes durch und habe das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, insbesondere für die kurdische Bevölkerung faktisch abgeschafft.

DEM-Abgeordnete vor dem türkischen Innenministerium

Machtverlust der AKP

Bei den letzten Kommunalwahlen am 31. März habe die Mehrheit der Bevölkerung der Regierung die „rote Karte“ gezeigt, sagte die Abgeordnete: „Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung des Landes, einschließlich der Großstädte, haben die AKP-Regierung in den Kommunen abgewählt. Die Regierung wurde aufgefordert, zur Vernunft zu kommen, zur Demokratie und zum Recht zurückzukehren und den Willen des Volkes zu respektieren.“ Als Reaktion auf den drohenden Machtverlust habe die AKP erneut zu der seit 2016 bekannten Methode gegriffen, den Wählerwillen auszuhebeln und Zwangsverwalter zu ernennen. „Angefangen wurde damit am 3. Juni in Hakkari [ku. Colemêrg], am 31. Oktober ging es in Esenyurt weiter, und am 4. November, dem Jahrestag des Putsches gegen die HDP von 2016, weckte uns die AKP mit einem neuen Putsch gegen die Völker der Türkei.“

Kurdistan als Testgebiet für Entrechtung

Gülistan Kılıç Koçyiğit erklärte, es sei bereits 2016 davor gewarnt worden, dass die rechtswidrige Amtsenthebung von Bürgermeister:innen nicht auf Kurdistan beschränkt bleiben werde: „In diesem Land wird jede Gesetzlosigkeit zuerst in den kurdischen Gebieten getestet. Alle ungesetzlichen Handlungen werden zuerst gegen das kurdische Volk begangen. Aber es sollte bekannt sein, dass die Entrechtung der kurdischen Bevölkerung niemals auf diese Region beschränkt ist. Die Gesetzlosigkeit breitet sich von dort aus auf alle Provinzen und das ganze Land aus.“

Die Gesetzlosigkeit wird allen Völkern der Türkei angetan

Weil in der Türkei niemand auf die Straße gegangen sei, um Einspruch gegen die Zwangsverwaltung kurdischer Gemeinden zu erheben, sei jetzt auch für den von der CHP regierten Stadtbezirk Esenyurt in Istanbul ein staatlicher Treuhänder ernannt worden, betonte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der DEM-Partei: „Alle müssen diese Tatsache sehen. Die Gesetzlosigkeit wird allen Völkern der Türkei angetan. Es ist ein Staatsstreich gegen die Demokratie in der Türkei und eine Bedrohung für uns alle.“

Appell an die Opposition

An die Opposition appellierte Gülistan Kılıç Koçyiğit: „Heute müssen wir uns Seite an Seite gegen diese Regierung stellen, uns vereinen und gemeinsam die Demokratie verteidigen. Auf der einen Seite sagen sie Frieden, auf der anderen Seite ernennen sie Treuhänder. Der Weg zum Frieden führt nicht über die Treuhänderschaft. Wenn alle Völker der Türkei Seite an Seite kommen, wenn wir Brücken der Geschwisterlichkeit von Esenyurt bis Hakkari bauen, dann werden wir diese Macht, diesen Faschismus besiegen und trotz der AKP eine demokratische Republik in diesem Land aufbauen. Lasst uns Seite an Seite stehen, lasst uns Hand in Hand und Schulter an Schulter den Faschismus zerschlagen. Schaffen wir den Frieden, nach dem sich die Völker der Türkei sehnen. Lasst uns einen Weg finden, um gemeinsam in einem gleichberechtigten, freien und demokratischen Land zu leben.“

Fotos © MA