Delegation der zapatistischen „Reise für das Leben“ in Nürnberg

Eine Delegation der EZLN besuchte Nürnberg und traf widerständige Aktivist:innen. Ein Abend war reserviert für den Austausch zwischen zapatistischer und kurdischer Freiheitsbewegung.

Eine Delegation der EZLN besuchte Nürnberg und traf widerständige Aktivist:innen. Ein Abend war reserviert für den Austausch zwischen zapatistischer und kurdischer Freiheitsbewegung.

Auf ihrer „Reise für das Leben“ war eine Delegation der Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) auch zu Besuch in Nürnberg. Befragt nach dem Ziel der Reise lautete die Antwort: „Wir wollen reden und vor allem zuhören. Deshalb nehmen wir in erster Linie die Einladungen derer an, die zuhören und sprechen.“

Die Nürnberger Gruppe, die den Besuch vorbereitete, nahm sich diesen Wunsch zu Herzen. So standen auf dem Programm viele Begegnungen mit Aktivist:innen, die in jeweils verschiedenen Handlungsfeldern Widerstand leisten im „anderen Europa von unten und links“ und damit potentielle Verbündete in einer Organisierung jenseits des Kapitalismus sind.

Jeden Tag ging es mit den Dolmetscher:innen zu unterschiedlichen Orten des Widerstands: Im Klimacamp Nürnberg, das seit mehr als einem Jahr in der Nürnberger Innenstadt eine Dauermahnwache für Klimagerechtigkeit organisiert, standen ökologische Kämpfe im Vordergrund. Mit dabei waren Ende Gelände und Fridays for Future. Beim Flinta*-Komitee, dem 8.-März-Bündnis und dem Internationalen Frauencafé lag der Fokus auf den antirassistischen und feministischen Kämpfen. Austausch fand statt mit der Interventionistischen Linken (iL) und autonomen Gruppen wie den Prolos, der Organisierten Autonomie (OA) oder dem von einer Räumung bedrohten selbstverwalteten Jugend- und Kulturzentrum Projekt 31. Und schließlich stattete die Delegation auch dem freien Radio Z, einem Kommunikationsmedium jenseits von Kommerz, einen Besuch ab.

Ein Abend war reserviert für den Austausch der zapatistischen mit der kurdischen Freiheitsbewegung. Der lokale Rat bereitete sich intensiv auf den Besuch der Gäste aus Südamerika vor. Dass die medienscheue Delegation auch einem kurdischen Fernsehsender keine Interviews geben wollte, sorgte zunächst für Irritationen. Doch der Wunsch der Gäste wurde akzeptiert, und nach einem üppigen Essen im internen, geschützten Rahmen begrüßte der lokale Ratsvorsitzende die EZLN-Delegation. Tahir Koçer, der frühere Ko-Vorsitzende des bundesweiten kurdischen Dachverbands KON-MED, hielt eine kurze Ansprache und betonte die Besonderheit eines Treffens von Zapatistas und Apocular. Er fragte zunächst, was im fernen Chiapas über die kurdische Freiheitsbewegung bekannt ist. Im Anschluss erläuterte er den Aufbau der Föderation in Deutschland und informierte über die aktuellen Kämpfe und Kampagnen. Als Beispiel für die derzeit zunehmende Repression gegen die Freiheitsbewegung ging er auf den brutalen Angriff der französischen Polizei auf die Zeltkommune in Straßburg im Rahmen der „Take Action for Öcalan“-Kundgebung ein.

Die zapatistischen Genossen berichteten von ihren Kämpfen gegen Ausbeutung und Unterdrückung und beantworteten viele Fragen aus der Runde, zum Beispiel nach dem Stand der Corona-Impfungen in Chiapas. Die Antwort war: „Wir lassen uns alle impfen, weil wir leben und kämpfen wollen.“ Solidarische Ärzte seien unterwegs und impfen vor allem die Älteren.

Wie die Menschen in Rojava konnten die Zapatistas noch keinen offiziellen Status ihres Autonomiegebiets erlangen. Deshalb erhielten sie auch keine Pässe, die sie für ihre Reise benötigten. Sie trotzten dieser Verweigerung, indem sie kreativ wurden und sich selbst Pässe anfertigten, die sie stolz vorzeigten.

Wenngleich der Wind rauer weht, wenn der Neoliberalismus den Planeten verwüstet, wenn Staaten immer mehr Grenzen hochziehen und – wie derzeit in Kurdistan – mit Chemiewaffen den Widerstand zu brechen versuchen... die Sehnsucht nach einem freien Leben und den Kampf dafür werden sie nicht aufhalten können. Das Verbindende der zapatistischen und der kurdischen Freiheitsbewegung sind die Kraft durch Organisierung von unten und das Selbstvertrauen in die eigenen, autonomen Strukturen. Die Hoffnung auf ein freies Leben jenseits von Staat, Macht und Gewalt dürfe niemals aufgegeben werden. Dabei sei es wichtig, in Kontakt zu bleiben, voneinander zu lernen und die Kämpfe weltweit zu verbinden, so das Resümee des Abends.

Zum Abschluss der Gesprächsrunde wurden noch Gastgeschenke übergeben: Der Frauenrat überreichte den Compañeros geflochtene Armbänder in den kurdischen Farben. Fahnen der YPJ und YPG durften nicht fehlen sowie eine Erinnerung an den Repräsentanten und PKK-Gründer Abdullah Öcalan. Schließlich wurde ein gerahmtes Bild mit den Emblemen beider Freiheitsbewegungen und der Aufschrift „La Lucha de los Zapatistas es la Lucha del pueblo Kurdo" (Der Kampf der Zapatistas ist der Kampf des kurdischen Volkes) übergeben, das die Gäste an die Verbundenheit der PKK mit der EZLN erinnern soll.