„Das neue Kabinett ist ein Familieunternehmen“
Zu dem von Erdoğan berufenen neuen Kabinett erklärt Filiz Buluttekin, die HDP-Vorsitzende des Provinzverbandes Amed: „Es handelt sich weniger um ein Kabinett, als um ein Familienunternehmen.“
Zu dem von Erdoğan berufenen neuen Kabinett erklärt Filiz Buluttekin, die HDP-Vorsitzende des Provinzverbandes Amed: „Es handelt sich weniger um ein Kabinett, als um ein Familienunternehmen.“
Der türkische Staatspräsident und AKP-Vorsitzende Tayyip Erdoğan ist durch die Wahlen vom 24. Juni erneut an die Macht gekommen und hat vor wenigen Tagen das Regierungskabinett innerhalb seines Präsidialsystems verkündet. Die Besetzung des Kabinetts hat zu Diskussionen geführt und demokratische Kräfte bezeichneten es umgehend als „Kriegskabinett“. Gegenüber ANF hat sich Filiz Buluttekin als Ko-Vorsitzende des HDP-Provinzverbandes von Amed dazu geäußert.
„Kein neues Kabinett“
Seit der Gründung der Republik Türkei habe ein Regime geherrscht, das auf einer nationalistischen Denkweise aufgebaut sei, erklärte Buluttekin. Das neue Regierungskabinett sei insofern nur die jüngste Variante eines Regimes, das demokratische Prinzipien und Minderheiten ignoriere. „Das Kabinett ist auch nicht neu, weil es mit Namen besetzt ist, die in den vergangenen drei bis vier Jahren für Krieg und Chaos gesorgt, eine Demokratisierung verhindert und eine faschistoide Haltung gezeigt haben. Dieses Kabinett steht für das installierte Ein-Mann-System. Insbesondere bei der Betrachtung der mit der Sicherheit befassten Ministerien sehen wir, dass der ehemalige Innenminister Süleyman Soylu weiter macht und der Generalstabschef Hulusi Akar zum Verteidigungsminister gemacht worden ist. Das bedeutet, dass Freiheiten noch weiter in den Hintergrund gerückt werden. Die Zusammensetzung des Kabinetts zeigt, dass die sogenannte Sicherheitspolitik weiter in den Vordergrund tritt.“
Zu der Ernennung von Erdoğans Schwiegersohn Berat Albayrak zum Finanzminister meint Filiz Buluttekin: „Die Wirtschaft und alle autonomen Institutionen werden dem Ein-Mann-Regime unterstellt. Mit dem neuen Kabinett wird die Macht zentralisiert und der Staatsapparat neu formatiert.“
Bedingungsloser Gehorsam
Anstatt die Ministerposten so zu besetzen, dass die staatlichen Organe zu einer besseren Arbeit befähigt werden, habe Erdoğan ein Kabinett auserwählt, das ihm bedingungslos gehorche, so Buluttekin: „In dieser Hinsicht kann man davon sprechen, dass es sich weniger um ein Kabinett, als um ein Stammes- und Familienunternehmen handelt. Bezeichnend dafür sind die Drohungen, die Innenminister Soylu gegenüber der HDP, immerhin der drittstärksten Partei im Parlament, ausgesprochen hat, die Kriegspolitik, für deren Umsetzung Verteidigungsminister Akar steht, und die Übergabe der Verantwortung für die Finanzen an den eigenen Schwiegersohn.“
„Kräfte im Kampf für eine Demokratisierung vereinen“
Den Völkern und Minderheiten falle die Aufgabe zu, gegen die Mentalität der aktuellen Regierung zu kämpfen, betonte Buluttekin, die abschließend erklärte: „Wir müssen die Grundlage dafür schaffen, unsere Kräfte im demokratischen Kampf zu vereinen und unsere Stimme lauter werden zu lassen. Ägypten, Irak und Libyen sind Beispiele dafür, wie derartige Regimes enden können. In dem jetzigen Kabinett ist ein Hotelbesitzer zum Tourismusminister, ein Privatschulenbesitzer zum Bildungsminister und ein Privatkrankenhausbesitzer zum Gesundheitsminister gemacht worden.
Es geht sogar so weit, dass Personen, die kein Jurastudium abgeschlossen habe, in Positionen versetzt werden können, in denen sie juristische Entscheidungen treffen können. Wir sprechen von einem System, in dem der gesamte Bereich der Demokratie umgewälzt und einer einzigen Person unterstellt wird. Dagegen müssen sich alle Völker und Bündnisse zusammenschließen, um auf demokratischer Grundlage zu kämpfen.“