Damit die türkische Offensive scheitert

Die Bundesregierung behauptet, eine „restriktive“ Exportpolitik zu betreiben. Das ist nach Meinung des Linkspolitikers Jan van Aken eine glatte Lüge, denn die Exportzahlen zeigen, dass fast jedes Land fast jede Waffe aus Deutschland beziehen kann.

Jan van Aken hat 2014 öffentlich gemacht, dass in Rojava Panzerabwehrraketen vom Typ Milan von al-Nusra-Terorristen im syrischen Bürgerkrieg eingesetzt wurden. Belegt hat er dies sowohl als Augenzeuge als auch mit Videoaufnahmen. Rewşan Deniz hat für die kurdische Tageszeitung Yeni Özgür Politika den ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Linksfraktion und Biowaffeninspekteur der Vereinten Nationen dazu befragt.

Begann nach dieser Veröffentlichung eine Recherche seitens der Bundesregierung? Wenn nein, warum und wie interpretieren Sie dies?

Nein, wir hatten Anfragen zur Seriennummer gestellt und darauf keine konkreten Antworten bekommen. Wahrscheinlich war diese Milan-Rakete Ende der 1970er Jahre über Frankreich an Assads Vater geliefert worden. Die Bundesregierung hat in der Regel kein Interesse daran, aufzuklären, wie und von wem aus Deutschland gelieferte Waffen weitergegeben wurden. Das haben wir in verschiedenen Fällen beobachten können, unabhängig vom Empfängerland.

Die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linkspolitikers Stefan Liebig belegt, dass in den vergangenen sechs Monaten Rüstungsgüterexporte im Wert von fast 14 Millionen Euro an die Türkei genehmigt wurden. Auch benutzt die türkische Armee bei der Offensive in Efrîn deutsche Panzer wie Leopard II, für die anscheinend noch bis vor kurzem Bestandteile geliefert wurden. Doch die Bundesregierung besteht darauf, dass nach dem Putschversuch Juli 2016 eine restriktive Rüstungspolitik angestrebt wird. Finden Sie die Bundesregierung in dieser Erklärung aufrichtig?

Die Bundesregierung behauptet seit Jahren und Jahrzehnten, eine so genannte „restriktive“ Exportpolitik zu betreiben. Das ist aber eine glatte Lüge, denn die Exportzahlen zeigen, dass fast jedes Land fast jede Waffe aus Deutschland beziehen kann. Es ist unfassbar, dass immer noch Waffen an die Türkei geliefert werden, nur in einigen wenigen Fällen hat die Bundesregierung in den letzten zwei Jahren Genehmigungen für die Türkei verweigert.

In den Medien und in der Öffentlichkeit werden Waffenlieferungen in die Türkei abgelehnt. Was kann Ihrer Meinung nach die Zivilgesellschaft oder Organisationen zu einer effektiven Anstrengung bewegen?

Ich denke, im Moment tun wir alle das richtige - den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, endlich die Waffenlieferungen an die Türkei einzustellen. Wir müssen diesen Druck von der Straße und über die Medien noch weiter verstärken.

Vieles belegt, dass die Türkei al-Nusra und ähnliche Gruppen unterstützt. Was ist Ihre Ansicht dazu?

Wir beobachten seit Jahren, dass die Türkei in Syrien eng mit islamistischen Gruppen zusammenarbeitet. So ein Land darf doch nicht weiter Mitglied der NATO sein!

Kurdische Vertreter erklären, in Efrîn seien Napalm und Streubomben eingesetzt worden. Trotz weltweitem Verbot dieser Waffen gibt es auf internationaler Ebene keine Reaktion darauf. Wie interpretieren Sie dieses Schweigen?

Ich finde es bislang nicht ausreichend belegt, dass wirklich Napalm und Streubomben eingesetzt wurden. Es wäre gut, wenn hier eindeutigere Belege vorgelegt werden könnten.

Welche konkreten Empfehlungen haben Sie an Kurden, deren Organisationen und Medien, um eine Öffentlichkeit zu schaffen und andere Kreise in Bewegung zu setzen?

Ich möchte niemandem Ratschläge erteilen. Ich finde, dass die Kurdinnen und Kurden genau wie viele andere Organisationen in Deutschland und Europa gerade eine sehr gute Solidaritätsarbeit machen. Wir alle sind mit unseren Gedanken und Herzen bei den Menschen in Efrîn und setzen alles daran, dass die türkische Offensive scheitert.