UN: Über 1.000 Kinder im Irak als IS-Verdächtige festgenommen

Laut einem UN-Bericht sind 2021 im Irak mehr als 1.000 Minderjährige aus Gründen der nationalen Sicherheit festgenommen worden, hauptsächlich wegen mutmaßlicher Verbindungen zum IS. Einige seien erst neun Jahre alt gewesen.

Einem Bericht der Vereinten Nationen (UN) zufolge haben die Behörden im Irak vergangenes Jahr mehr als 1.000 Minderjährige aus Gründen der nationalen Sicherheit festgenommen, hauptsächlich wegen mutmaßlicher Verbindungen zur Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Die meisten der insgesamt 1.048 Jungen und 43 Mädchen seien zum Zeitpunkt ihrer Festnahme zwischen fünfzehn und achtzehn Jahre alt gewesen. Einige von ihnen waren jedoch deutlich jünger, teilweise erst neun. Etwa drei Dutzend der Kinder seien ausländischer Herkunft gewesen.

Die Festnahmen der Minderjährigen erfolgten nicht nur im Irak, sondern auch in der autonomen Kurdistan-Region (KRI). Der Zugang zu rechtlichen und sozialen Diensten sei ihnen von den Sicherheitsbehörden verwehrt worden, in einigen Fällen wurden die Kinder in Gemeinschaftszellen mit erwachsenen Häftlingen festgehalten. Der Bericht weist zudem auf Musshandlungsvorwürfe und Fälle von langer Untersuchungshaft hin.

Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) zufolge seien viele dieser Kinder aufgrund zweifelhafter Beweise verhaftet und zur Erlangung von Geständnissen über eine „IS-Beteiligung“ gefoltert worden. HRW weist auf Interviews mit männlichen Jugendlichen hin, die 2018 als IS-Verdächtige in Kurdistan inhaftiert gewesen sind. Einige hätten angegeben, von der Terrororganisation für den Kampf rekrutiert worden zu sein, wiederum andere hätten Äußerungen zu Verbindungen von Familienmitgliedern zum IS gemacht. Ein 17-Jähriger sah seine Verhaftung etwa einzig darin begründet, dass er in Mosul in einem Restaurant arbeitete, in dem IS-Dschihadisten ein- und ausgingen.

Unabhängig vom Ausmaß der vermeintlichen Beteiligung am IS seien alle dieser Kinder und Jugendlichen des Terrorismus beschuldigt worden, kritisiert HRW. „Die meisten [interviewten] Jungen gaben an, im Verhör gefoltert worden zu sein, um Geständnisse zu erzwingen. Sie berichteten von Schlägen mit Plastikrohren, Elektrokabeln oder Stangen, manchmal stundenlang. Fast alle sagten, sie hätten schließlich eine Zugehörigkeit zum IS gestanden, weil sie glaubten, keine andere Wahl zu haben“, so HRW. Die Organisation hebt hervor, dass der Irak die aus Gründen der nationalen Sicherheit festgenommenen Minderjährigen wie „Kriminelle“ behandele, obwohl es keine Beweise für ihre Beteiligung an Gewaltverbrechen gebe.

HRW fordert Wiedereingliederung statt Strafverfolgung

„Anstatt Kinder, die der IS-Beteiligung verdächtigt werden, zu inhaftieren und strafrechtlich zu verfolgen, sollte der Irak mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, um Wiedereingliederungsprogramme einzurichten, damit diese Kinder wieder in ihre Gemeinden zurückkehren, wieder zur Schule gehen und ihr Leben wieder aufnehmen können“, fordert HRW. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat den Irak aufgefordert, alle betroffenen Minderjährigen unverzüglich freizulassen.