Şengal-Gedenken in Nürnberg, Bielefeld und Köln

Anlässlich des fünften Jahrestages des IS-Angriffs auf Ezid*innen im Şengal fanden in Nürnberg, Bielefeld und Köln Gedenkkundgebungen für die Opfer der Terrormiliz IS statt.

Weltweit wird heute der Opfer des IS-Angriffs auf die ezidische Bevölkerung in der südkurdischen Region Şengal vor fünf Jahren gedacht.

Nürnberg

Eine Kundgebung auf dem Nürnberger Hallplatz begann mit einer Schweigeminute. Danach erinnerten mehrere Redner*innen an den Genozid, dem im Hauptsiedlungsgebiet der ezidischen Bevölkerung im Şengal-Gebirge (Nordirak) Schätzungen zufolge etwa 10.000 Menschen zum Opfer fielen.

Eine Rednerin vom Medya Volkshaus in Nürnberg betonte, dass es vor allem Frauen und Kinder waren, die aus ihrer Heimat vertrieben, verschleppt, versklavt und vergewaltigt wurden. „Die Entführung von Frauen als Kriegsbeute, ihre Versklavung und Vergewaltigung erfüllen den Tatbestand des Feminizids. Obwohl seitdem durch die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) schon viele Ezid*innen aus der IS-Gefangenschaft befreit werden konnten, werden immer noch Tausende vermisst. Die Überlebenden sind oft schwer traumatisiert. Diejenigen, die die Flucht nach Europa überlebten, wurden in Flüchtlingscamps oft zusammen mit IS-Terroristen untergebracht. In Deutschland gab es bereits mehrere Übergriffe von radikalen Islamisten gegenüber Ezidinnen. Doch überall auf der Welt wehren sich Frauen gegen alle möglichen Formen sexistischer Gewalt an Frauen.“ Die Sprecherin rief dazu auf, die Grundlagen des patriarchalen Systems zu erschüttern und die Selbstorganisierung der Frauen voranzutreiben.

In weiteren Redebeiträgen wurde auch auf den feigen Verrat der damals im Şengal stationierten Barzani-Peschmerga eingegangen: „Sie flohen, als die Terrorbanden des sogenannten IS in die ezidischen Siedlungsgebiete einfielen und überließen die dort lebenden Menschen ihrem Schicksal.“ Hervorgehoben wurde die Leistung der Guerilla der Volksverteidigungskräfte HPG, des bewaffneten Arms der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die dem Genozid Einhalt geboten. „Zunächst nur zwölf Kämpfer der HPG schützten den Eingang ins Gebirge und verhinderten das Eindringen der islamistischen Mörderbanden. Zusammen mit der YPG verteidigte die Guerilla den Berg Şengal, auf dessen Hochebene sich die meisten Zivilist*innen zurückgezogen hatten, und kämpften einen Fluchtkorridor frei. Nur durch die schnelle Hilfe der PKK/YPG konnte das Leben von ca. 30.000 Ezid*innen gerettet werden.“

Die Interventionistische Linke (iL) ging in einem Redebeitrag insbesondere auf die aktuelle Bedrohung von Südkurdistan und Rojava durch den türkischen Staat und die Politik der Bundesregierung ein:

„Die Rolle des IS hat nun mehr und mehr die Türkei übernommen. In Absprache mit der südkurdischen Regierung führt die türkische Armee täglich Militäroperationen durch. Die Barzani-Partei KDP überlässt dem türkischen Staat Schritt für Schritt die Vormachtstellung in Südkurdistan und übergibt Militärstellungen an die türkische Armee. Damit soll auch der Druck auf das Flüchtlingscamp Mexmûr und auf Şengal erhöht werden. Nur aufgrund des Widerstands der Guerilla hat die Türkei ihr Ziel - die Besetzung Südkurdistans - bisher nicht erreicht.

Wie Südkurdistan ist auch Rojava in akuter Gefahr. An der Grenze nach Nord- und Ostsyrien werden große Truppenkontingente zusammen gezogen. Ein Angriff könnte unmittelbar bevorstehen. Die Volksverteidigung der Demokratischen Kräfte Syriens bereitet sich auf einen Angriff vor. In Europa ruft das Netzwerk „RiseUp4Rojava“, an dem die iL beteiligt ist, dazu auf, am „Tag X“ eines türkischen Angriffs auf Rojava mit kreativen Aktionen auf die Straße zu gehen.

Als iL stehen wir solidarisch an der Seite der Revolution von Rojava. Rojava zu verteidigen, heißt für uns in Deutschland, die Rolle der Bundesregierung beim Angriff auf die kurdische Freiheitsbewegung zu analysieren und zu benennen.“

Bielefeld

Am Samstagmorgen hat in Bielefeld eine Gedenkdemonstration zum Jahrestag des Genozides und Feminizides am ezidischen Volk in Şengal stattgefunden. Der Dachverband des Êzîdischen Frauenrats e.V. hatte im Vorfeld unter dem Motto „Die Freiheit der Frauen in Şengal ist die Freiheit der Menschheit“ zur Teilnahme aufgerufen. Etwa 200 Menschen kamen zum Gedenken am Rathaus zusammen. Die Demonstration begann um 11 Uhr mit einer Schweigeminute. Solidarisch zeigte sich die zentrale Kirche am Rathaus mit dem Läuten der Kirchenglocken zur internationalen Schweigeminute um 11 Uhr.

Die Route führte von der Bielefelder Altstadt bis zur Innenstadt. Angeführt wurde die Demonstration von einer Nachstellung ezidischer Frauen, die in Burka und mit Preisschildern an die Versklavung der Frauen aus Şengal erinnerten. Hunderte Menschen in der Bielefelder Innenstadt sahen der Demonstration interessiert zu.

Köln

Auf dem Bahnhofsvorplatz in Köln fand eine Kundgebung des Frauenrats Viyan statt. Die Aktion begann um 11 Uhr mit einer Schweigeminute. Unterstützt wurde die Gedenkveranstaltung unter anderem von Aveg-Kon, Young Struggle und Aktivist*innen der Kampagne RISEUP FOR ROJAVA.