2010 hat das Anwaltsteam des seit nunmehr knapp zwanzig Jahren in der Türkei inhaftierten PKK-Gründers Abdullah Öcalan eine Beschwerde beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof eingereicht. Die Beschwerde, die sich auf die gewaltsame Kopfrasur und Todesdrohungen gegen Öcalan im Jahr 2008 bezieht, wird am 27. September vor dem EGMR in Strasbourg behandelt.
Öcalan war im Juli 2008 auf der Gefängnisinsel Imrali einer gewaltsamen Kopfrasur unterzogen worden. Im Oktober 2008 waren Wächter unter dem Vorwand einer Durchsuchung in die Zelle eingedrungen, hatten Öcalan tätlich angegriffen und mit dem Tode bedroht.
Nach Bekanntwerden dieser Vorfälle war es in und außerhalb Kurdistans zu heftigen Protesten gekommen. Der damalige türkische Justizminister Mehmet Ali Şahin hatte die Vorwürfe in einer Erklärung am 19. Oktober zurückgewiesen.
Nachdem in der Türkei alle juristischen Schritte ohne Ergebnis ausgeschöpft waren, hatte das Verteidigerteam Beschwerde beim EGMR eingereicht.
Totale Isolation
Die Verhandlung vor dem EGMR fällt in eine Zeit, in der die Isolation Abdullah Öcalans undurchlässiger als je zuvor ist. Seit über zwei Jahren gibt es keinerlei Kontakt mehr zu Öcalan. Seine Anwälte waren zuletzt 2011 auf Imrali. Ihre Besuchsanträge werden ebenso wie die der Familienangehörigen mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt.
Disziplinarstrafe
Der letzte Besuchsantrag der Angehörigen ist mit der Begründung abgelehnt worden, dass am 14. September 2018 eine Disziplinarstrafe gegen Öcalan verhängt worden ist. Weitere Auskunft zu dieser Strafe wurde weder den Anwälten noch den Angehörigen erteilt. Auch die Besuchsanträge der Angehörigen der drei weiteren Gefangenen auf Imrali wurden mit derselben Begründung abgelehnt.
Verspäteter CPT-Bericht
Angesichts der Totalisolation Öcalans wird mit Spannung darauf gewartet, wie der EGMR morgen die Beschwerde über die Vorgänge auf Imrali von vor zehn Jahren behandelt wird.
Das Antifolterkomitee (CPT) des Europarats hat im März dieses Jahres einen Bericht zur Gefängnisinsel Imrali veröffentlicht. Die Veröffentlichung erfolgte nach öffentlichen Protesten gegen die Isolation Öcalans. Da sich der Bericht auf einen Besuch auf Imrali im April 2016 bezog, enthielt er keine aktuellen Informationen. Die Türkei wurde darin aufgefordert, Anwalts- und Familienbesuche zu ermöglichen. Die Isolation hält jedoch weiter an und die Besorgnis um Öcalan und seine drei Mitgefangenen steigt.