Die Seenotrettungsorganisation SOS-Mediteranee hat einen dringenden Appell für 400 auf von der maltesischen Regierung gecharterten Touristenbooten festsitzenden Bootsflüchtlingen veröffentlicht. Sie ruft die europäischen Staaten zum sofortigen, koordinierten Handeln auf.
Hochgradig traumatisierte Schutzsuchende auf Booten
Die über 400 schiffbrüchigen Schutzsuchenden befinden sich teilweise bereits seit mehr als einem Monat auf den maltesischen Schiffen und werden nicht an Land gelassen. Viele sind aufgrund der Gewalterfahrungen in Libyen und der Seereise hochgradig traumatisiert. Die Organisation kritisiert: „Anstatt die Geretteten an einem sicheren Ort an Land zu bringen, wie es das Völkerrecht verlangt, werden sie für politische Verhandlungen unter den EU-Mitgliedstaaten benutzt. Doch trotz der Dringlichkeit wurde bisher keine koordinierte Lösung für ihre Verteilung vorgeschlagen. Die Menschen werden weiter in Ungewissheit gelassen.“
Schutzsuchende müssen sofort an Land gebracht werden
SOS-Mediteranee fordert, dass die geretteten Menschen sofort an einen sicheren Ort an Land gebracht werden und ihre Aufnahme und Verteilung umgehend zwischen den europäischen Staaten umgesetzt wird. Weiterhin müssten die EU-Staaten ein koordiniertes und tragfähiges Seenotrettungsprogramm einführen, das sich an geltendes Recht halte.
Seenotrettung im Mittelmeer muss gestärkt werden
David Starke, Geschäftsführer von SOS-Mediteranee Deutschland e.V., erklärt: „Mit Blick auf die anstehende EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands fordern wir von der deutschen Bundesregierung, sich für die Seenotrettung im Mittelmeer stark zu machen und sich für einen europaweit gerechten Verteilmechanismus für schutzsuchende Menschen einzusetzen.“
SOS-Mediteranee nimmt Rettungen wieder auf
Die Seenotrettungsorganisation kündigte an, die Rettungsoperationen wieder aufzunehmen, und weist auf die sich verschärfende humanitäre Krise im Mittelmeerraum hin.
Menschen verschwinden im Mittelmeer
Obwohl auf dem Mittelmeer aufgrund der Pandemie praktisch keine Rettungsschiffe mehr unterwegs sind, haben die Abfahrten von Flüchtlingsbooten vor der libyschen Küste in den letzten Wochen zugenommen. Die NGO warnt, dass die Abwesenheit von Zeugen und unabhängiger Berichterstattung auf See sowie die unzureichende öffentliche Kommunikation über Rettungen und Abfangaktionen zu einem beunruhigenden Vakuum und der Sorge über unbemerkt gekenterte Boote mit Flüchtenden geführt haben. Sophie Beau, Generaldirektorin der NGO sagt: „Die Ausweitung der tödlichen Blackbox im Mittelmeer, in dem Menschen spurlos verschwinden, ist nicht hinnehmbar. Es besteht ein kollektiver Notstand, in dem die EU-Länder Solidarität praktizieren müssen. Auch in diesem Sommer dürfen Tod und Unmenschlichkeit im Mittelmeer nicht vorherrschen.“
Titelbild: SOS-Mediteranee